Kühle Aufnahme der französischen Antriebe in Berlin. 169
weit über die holsteiner Sache hinaus. Ohne Zweifel war
es für die preußische Politik angenehmer, mit Frankreich auf
freundlichem als auf gespanntem Fuße zu stehen. Aber die
Summe der französischen Außerungen wirkte auf den König
eher abstoßend als einladend. Wie kommt Goltz dazu, fragte
er, ohne meine Autorisation von der Möglichkeit einer fran-
zösischen Allianz zu reden? In der That, eine solche, offen-
bar gegen Osterreich gemünzte Verbindung, paßte übel zu
dem heutigen Bestreben, den Wiener Hof zu einem Bundes-
krieg gegen Dänemark hinüber zu leiten. Dazu hatte der
König trotz all der bisherigen politischen Spannung ein
warmes Herz für seinen kaiserlichen Neffen von Osterreich;
er hielt es freilich nicht erlaubt, einem solchen Gefühle ein
Interesse des preußischen Staats zu opfern, aber es war
ihm eine Freude überall, wo auf dieser Seite sich Pflicht und
Neigung vereinigen ließ. Im Verhältniß zu Napoleon war
von dem Allem das Gegentheil vorhanden; er würde auch mit
diesem abschließen, wenn das Staatswohl es erforderte, aber
es würde ein von stetem Mißtrauen erschwertes Opfer sein.
Drouyn de Lhuys' Hindeutung auf eine preußische Annexion
Schleswig-Holsteins ließ der König platt zu Boden fallen;
seit Jahren hatte in dieser Sache der Wunsch auf Wahrung
der deutschen Ehre und auf Befreiung der deutschen Lande
seine Seele erfüllt; ein eigennütziger Gedanke war ihm dabei
nicht gekommen, und wenn sich, was er lebhaft wünschte,
das Londoner Protokoll beseitigen ließ, war er bereit, sich
mit Augustenburg zu verständigen.
Indessen, dies Alles waren zukünftige Sorgen. Für den
Augenblick war es deutlich, daß trotz Englands unentschlossenem
Mißvergnügen Preußen, jetzt im Einverständniß mit Osterreich,