Bismarck's Denkschrift. 199
sönliche Sympathie für den Prinzen von Augustenburg zer-
stört, wohl aber die Sache desselben stark verleidet. Eine
Bitte des Prinzen, auch auf preußischem Gebiete Truppen-
körper formiren zu dürfen, schlug der König sehr bestimmt
ab. Desto größere Befriedigung erweckte die Thatsache,
Osterreich jetzt auch in Bezug auf Schleswig zu kräftigem
Vorgehen nach der preußischen Methode bereit zu sehen.
Noch einmal erwog Bismarck die Chancen jedes denkbaren
Verfahrens. Wir können, sagte er in einer dem Könige
unterbreiteten Denkschrift, wenn die dänische Verfassung am
1. Januar in Kraft tritt, nicht unthätig bleiben. Es bieten
sich in diesem Falle drei Wege. Auf dem ersten würde man
sich nach der Forderung der öffentlichen Meinung von dem
Londoner Vertrage lossagen, und mit gesammter Heeresmacht
in Schleswig einbrechen. Das wäre offener Krieg, und zwar
Bundeskrieg, und lediglich der Ausgang des Kampfes ent-
schiede über das Schicksal der Herzogthümer; aber allerdings
würden wir dabei mit den Großmächten und insbesondere
mit England in gefährliche Spannung gerathen. Der zweite
Weg bestände in der Lossagung vom Londoner Protokoll
ohne den Beginn einer kriegerischen Action. Dann möchte
der Bund Entschluß über die Erbfolgefrage fassen, und wenn
er für Augustenburg entschiede, den Prinzen im Bundeslande
Holstein einsetzen. Aber Schleswig bliebe dann schutzlos,
denn hier haben wir kein anderes Recht der Einmischung als
aus den Verträgen von 1852, die mit unserer Lossagung
vom Londoner Protokoll unserer Seits zerrissen wären. Zur
Prüfung des Erbrechts auf Schleswig wäre der Bund in-
competent, und wäre auch Augustenburg's Anrecht un-
bestreitbar, so wäre immer der Bund nicht verpflichtet, einem