Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

204 Der Vertrag vom 16. Jannar 1864. 
Cabinetskrisis ist da. Herzog Adolf von Nassau hatte ebenso 
wenig Neigung, sich unter bayerische Führung zu stellen, als 
mit seinem Landtage für Augustenburg zu schwärmen, aber 
seine Stimmung war wirkungslos in Frankfurt, da er dort 
mit Braunschweig zu einer Curie vereinigt war, deren Votum 
zur Zeit von Braunschweig geführt wurde. Noch hielten 
Mecklenburg und Kurhessen zu Preußen; man wußte aber, 
daß die Höfe von Schwerin und Strelitz nur noch widerwillig 
dem Drucke des starken Nachbars folgten, und in Cassel der 
Minister Abeée in seiner Meinung ebenso einsam stand wie 
Platen in Hannover. Abéêe war dieses Mal ein Realpolitiker; 
er fand, daß die deutsche Nation mit dem Augustenburger 
Lärmen wieder einmal eine große Dummheit begehe, und die 
einzig verständige Lösung der Frage die Annexion der Herzog- 
thümer an Preußen sei. Trotzdem aber verhehlte er dem 
preußischen Gesandten in Cassel nicht, daß er schwerlich noch 
in der Lage sein würde, für den Hauptantrag vom 28. De- 
cember in Frankfurt stimmen zu können. Diesen Antrag 
hatten indeß die Ausschüsse des Bundestags einstweilen zurück- 
gelegt, und dafür den Freiherrn von der Pfordten mit dem 
Berichte über Augustenburg's Erbrecht beauftragt. In wenigen 
Tagen lieferte der gewiegte Rechtsgelehrte, welcher zur Zeit 
durch sein keckes Auftreten, seine rastlose Thätigkeit und seine 
schlagfertige Dialektik die Mehrheit der Versammlung beherrschte, 
eine ausführliche Darlegung der beiden Sätze, daß der 
Bund durch den Londoner Vertrag nicht gebunden, und daß 
überhaupt die Ausführung des Vertrags unmöglich geworden 
sei. Graf Rechberg übersandte dagegen der bayerischen Re- 
gierung am 10. Januar eine nicht minder ausführliche Ver- 
wahrung gegen die von den Mittelstaaten eingenommene
	        
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