Rechberg's Schreiben an Bayern, 10. Januar 1864. 205
Stellung in der Frage der Herzogthümer. Wo der Bundes-
tag innerhalb seiner gesetzlichen Competenz Beschlüsse fasse,
würden Osterreich und Preußen keinen Einspruch dagegen er-
heben. Aber Beschlüssen gegenüber, welche ohne Rücksicht
auf Gesetz und Verfassung nach politischer Convenienz in
freiem Belieben gefaßt wären, würden die beiden Mächte
sich nimmermehr majorisiren lassen. Das Thronfolgerecht
Christian's IX. beruhe nicht auf dem Londoner Vertrag,
sondern auf dem dänischen, in aller Form Rechtens er-
lassenen Reichsgesetz von 1853; durch den Beschluß vom
29. Juli 1852 habe auch der Bund sein Einverständniß mit
der Erhaltung der dänischen Integrität ausgesprochen; durch
kein Gesetz sei dem Bunde das Recht zur Entscheidung einer
streitigen Thronfolge oder zur Occupation eines nicht zum
Bunde gehörigen Landes wegen möglicher Erbansprüche eines
noch nicht anerkannten Fürsten beigelegt. Die Verwerfung
des Antrags vom 28. December würde eine Sprengung der
deutschen Solidarität bedeuten; die schleswig-holsteinische Frage
würde ihre Lösung entweder mit Ehre und Gewinn, oder
mit Schmach und Verlust für Deutschland finden, je nachdem
Deutschland die Grenzen der Gesetzlichkeit einhalten würde
oder nicht.
Bismarck aber schrieb an Sydow in kürzerer Fassung:
Pfordten's Arbeit erscheint mir parteiisch und oberflächlich.
Wir können eine solche Behandlung völkerrechtlicher Trans-
actionen, an denen wir Theil genommen, nicht dulden. Wir sind
ebensowenig wie Osterreich gesonnen, uns in dieser wichtigen
Frage der Führung des K. bayerischen Bundestagsgesandten
zu überlassen; ich wünsche, daß Sie dies zu der Richtschnur
Ihrer Außerungen in den Ausschüssen machen, und den Stand-