Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Bismarck's Vorschlag in Wien auf einen festen Vertrag. 207 
geändert und müsse ihn durch Aufhebung derselben herstellen; 
im Weigerungsfall sei die Besetzung Schleswigs das berechtigte 
Zwangsmittel. Gleichzeitiges Festhalten am Londoner Ver- 
trag und stille Duldung der dänischen Vertragsbrüche sei für 
Preußen eine unmögliche Position. Wenn England uns 
hindere, Zwangsmittel für die Erfüllung der dänischen Ver- 
bindlichkeiten anzuwenden, so müßte Preußen sich vom Lon- 
doner Vertrag lossagen, einen Ministerwechsel vollziehen und 
sich nach der Forderung des Adbgeordnetenhauses der 
Augustenburger Partei anschließen. Hierauf verstummten 
Sir Andrew's drohende Worte. 
Es war sehr klar, daß, wenn gehandelt werden sollte, 
keine Stunde mehr gesäumt werden durfte. An demselben 
Tage, dem 5. Januar 1864, that Bismarck den entscheidenden 
Schritt. Er sandte an Werther nach Wien einen Erlaß, 
welcher zunächst die Berechtigung beider Höfe feststellte, nach 
Dänemarks fortgesetzter Haltung sich vom Londoner Vertrage 
loszusagen, dann aber es Europa gegenüber für zweckmäßiger 
erklärte, einstweilen noch keinen Gebrauch davon zu machen, 
sondern Dänemark zur Erfüllung seiner Pflichten aufzufordern, 
unter Androhung bewaffnetes Einschreitens, sei es im Namen 
des Bundes, sei es im eigenen Namen. Wahrscheinlich werde 
der Bundestag den hessischen Antrag annehmen, auf Besetzung 
Schleswigs wegen Nichtigkeit des Londoner Vertrags. Trotz- 
dem würden wir an unsrem Wege festhalten, weil wir hier 
eine von Europa anerkannte Basis haben, während uns das 
Recht, gegen den Londoner Vertrag aufzutreten, von aller Welt 
außer Deutschland bestritten wird. Aber jede Action sei für 
uns an die Voraussetzung geknüpft, daß Osterreich mit uns 
völlig einverstanden ist. Hier seien die Befehle zur Heran-
	        
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