Diplomatische Thätigkeit Lord John Russell's. 219
die unselige Novemberverfassung beseitigen und damit den
Deutschen den letzten Vorwand zum Bruche entziehen möge.
Er beantragte in Wien und in Berlin eine bestimmte Erklärung,
daß die deutschen Mächte an dem Princip der dänischen Inte-
grität festhielten. Mündlich deutete er dem deutschen Gesandten
an, daß in diesem Falle England gegen die bloße Personal-
union der Herzogthümer mit dem Königreiche nichts einwenden
würde, im entgegengesetzten Falle aber dazu gedrängt werden
könnte, eine Flotte zum Schutze Dänemarks in die Ostsee zu
senden. Am 24. Januar schrieb er auf's Neue nach Paris,
begehrte gemeinsames Handeln aller Mächte gegen die Augusten-
burger Candidatur, wenn nöthig mit gewaffneter Hand, er-
kannte aber an, daß Preußen und Osterreich eine gemäßigtere
Linie einhielten; bei welcher ernste Verwicklungen nur dann
zu befürchten wären, wenn Dänemark seine Verpflichtungen
in den Verfassungsfragen erfüllte, und die deutschen Höfe
trotzdem weitere Forderungen erhöben; jedoch sei auch in
dieser Hinsicht ein schleuniges Einverständniß der europäischen
Mächte dringend zu wünschen. Zugleich erörterte er nach
einem dänischen Vorschlage in Wien und Berlin, es sei ein
unbilliges Verlangen, daß Dänemark binnen 48. Stunden
die Verfassung aufhebe, was ohne einen Staatsstreich un-
möglich sei; er beantrage also einen Aufschub von sechs
Wochen, binnen deren die dänische Regierung den Reichsrath
berufen und die geforderte Maaßregel auf gesetzliche Weise
herbeiführen könne. 6
Aber auf allen Seiten mußte er erfahren, wie un-
anfechtbar die Stellung war, welche Bismarck für seine active
Politik genommen hatte, wie genau sie der damaligen Lage
der europäischen Verhältnisse entsprach. Im innersten Herzen