Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Osterreich besorgt Feindseligkeit der Westmächte. 259 
die in Venetien stehenden Truppen um 21 Bataillone ver- 
mehrt. Man verfügte am 24. Februar, Rußland zu Liebe, 
den Belagerungszustand in Galizien, und gab damit der 
dort noch fortglimmenden polnischen Insurrection den letzten 
Gnadenstoß, mußte aber zu diesem Zwecke auch dorthin ver- 
stärkte Besatzungen werfen. Aus England vernahm man, 
daß Lord Palmerston im offenen Parlamente erklärt habe, 
der verbrecherische deutsche Krieg gegen Dänemark sei durch 
die Verletzung der jütischen Grenze doppelt frevelhaft ge- 
worden; man erfuhr zugleich, daß er Alles aufbiete, um den 
Kaiser Napoleon zu einer rettenden Intervention herbei- 
zubringen. Und dieser meist gefürchtete und meist gehaßte 
Mann runzelte eben jetzt die Stirne, erwähnte dem öster- 
reichischen Botschafter die Möglichkeit einer diplomatischen 
Einwirkung der beiden Westmächte, und, wohl um Preußen 
einen leichten Wink seines Mißfallens an dessen wachsender 
Intimität mit Osterreich zu geben, ließ er in Berlin mit 
einigem Ernste anfragen, ob man die Truppen bald wieder 
aus Jütland zurückzuziehen gedenke, worauf dann Bismarck 
mit der Frage antwortete, ob die neutralen Mächte uns 
etwa für die Sicherheit unserer Truppen in Schleswig vor 
dänischen Angriffen einstehen wollten. Bei alledem erschien also 
dem Wiener Cabinet der preußische Antrag, nicht bloß Kolding 
zu behaupten, sondern ganz Jütland zu besetzen, gefährlich in 
hohem Grade, als die beinahe sichere Hervorrufung eines 
feindseligen Einvernehmens Napoleon's mit Lord Palmerston. 
Alle diese Sorgen und Nöthe werden dem spätern Be- 
trachter nur als weitere Belege für die Verschrobenheit und 
Zerfahrenheit der deutschen Zustände gelten können. Die 
fremden Mächte hatten, wenn auch mit Kummer, die Be- 
17°
	        
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