Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

280 Erstürmung Düppels. 
bei längerem Leben im Stande gewesen wäre, den Gang der 
Ereignisse wesentlich zu ändern. Dennoch war sein Tod 
auch für die Würzburger Coalition ein empfindlicher Verlust. 
Sein junger Sohn, Ludwig II., besaß, wie sich bald zeigte, 
neben manchen Sonderbarkeiten im Privatleben, eine scharfe 
Fassungs= und rasche Entschlußkraft und einen durchaus selb- 
ständigen Willen, damals aber war er eben den Knabenjahren 
entwachsen, bishec den Geschäften völlig fern gehalten, ohne die 
geringste Sach= und Personenkenntniß in der deutschen Politik. 
So mußte er einstweilen die Minister seines Vaters gewähren 
lassen und hiemit diesen eine doppelt schwere Verantwortlichkeit 
auferlegen. Es ergab sich daraus die Unmöglichkeit, sowohl 
eines entschiedenen Wechsels des bisherigen Systems, als auch 
irgend welcher gewagten Schritte zur Durchführung desselben; 
der dritte deutsche Staat wurde einstweilen ein todtes Blei- 
gewicht an den Füßen der Bundespolitik. Zwar stellte, noch 
nach einer Weisung des verstorbenen Königs, am 12. März 
Pfordten in Frankfurt den förmlichen Antrag auf Anerkennung 
Augustenburg's, und erlangte auch eine kleine Mehrheit dafür, 
daß derselbe nicht sogleich in den Ausschüssen begraben wurde: 
zu einer Beschlußfassung wagte aber er selbst, gegenüber dem 
drohenden Widerspruch der beiden Großmächte, es nicht zu 
treiben. 
Unter solchen Verhältnissen empfing der Bund am 
26. März die englische Einladung zu der in London am 
12. April zu eröffnenden Conferenz. Da die Verträge von 
1852 dabei von Lord John nicht mehr erwähnt wurden, 
gab es auch für die Mittelstaaten kein principielles Hinderniß 
gegen die Annahme. Auch darüber herrschte allgemeines 
Einverständniß, daß der Bund dieses Mal nicht durch die
	        
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