Napoleon sucht Einvernehmen mit Preußen. 297
sein würde, zog er auf Goltz's entschiedenen Widerspruch
sogleich zurück. Bismarck gab dann am 7. April etwas
bestimmtere Erklärungen. Mit Recht habe man den frühern
Congressen den Vorwurf gemacht, daß sie die Völker lediglich
als Tauschobjecte zu beliebiger Verfügung unter Dritten be-
handelt hätten; auch die Conferenzen, aus welchen das Londoner
Protokoll von 1852 hervorgegangen, seien von diesem Vor-
wurfe nicht frei. Die gegenwärtige Conferenz werde sich
einer solchen Anklage nicht aussetzen wollen. Es habe uns
also gefreut, daß Frankreich dieses wichtige Moment hervor-
gehoben, und damit die Beachtung desselben durch die Con-
ferenz gesichert habe. Nur sei es, allerdings ein sehr wich-
tiges, aber nicht das einzige Moment, welches Berücksichtigung
fordere; auch an das bestehende Staatsrecht der Herzog-
thümer, die völkerrechtlichen Verträge, die Convenienzen der
betheiligten Mächte, würde daneben zu denken sein.
Auch dies war noch nicht die runde Anerkennung des
napoleonischen Plebiscits; der Kaiser aber konnte nicht um-
hin, hier wie bei der Congreßfrage, zu gestehen, daß Preußen
mehr als alle andern Mächte sich dem französischen Stand-
punkt günstig zeige. Wie die feindselige Gesinnung gegen
Osterreich, wuchs bei ihm auch der Wunsch, den Berliner Hof
zu sich herüber zu ziehen, mit jedem Tage. Es kam dazu,
daß der Verdruß, welchen er gegen England seit dem No-
vember im Herzen trug, eben jetzt durch höchst unliebsame
Vorgänge erneuert und geschärft wurde. Man hatte in Paris
zu Anfang des Jahres einen neuen Anschlag gegen das Leben
des Kaisers entdeckt; man vermuthete, daß der in England
lebende Mazzini dabei betheiligt sei, und beantragte in London
ein gerichtliches Verfahren gegen den großen Demagogen um