Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Napoleon schlägt Preußen die Annexion der Herzogthümer vor. 299 
ziehen, und gab sogleich nach Garibaldi's Erscheinen in London 
seinem Minister die Weisung, mit dem Grafen Goltz über 
Schleswig-Holstein in vertrauliches Einvernehmen zu treten. 
Drouyn de Lhuys lud demnach am 9. April den Grafen 
zu einer Besprechung ein. In seiner immer etwas breiten 
und lehrhaften Weise entwickelte er ihm, daß England die 
Absicht habe, auf der Conferenz die dänische Integrität und 
das Protokoll von 1852. zu erneuerter Anerkennung zu 
bringen, und dann den streitenden Mächten zu überlassen, 
sich über die den Herzogthümern innerhalb der Monarchie 
anzuweisende Stellung zu verständigen. Ihm scheine dies 
für Deutschland unannehmbar zu sein, und auch Frankreich 
sei bereit, sich einem solchen Programme, welches ein wahrer 
Hohn sei, zu widersetzen. Nun habe der Kaiser, wie es 
Bismarck richtig vorausgesehen, das große Canalproject in 
seiner ganzen Bedeutung gewürdigt, und dabei zunächst die 
Linie Schlei-Husum, vorbehaltlich weiterer Erwägung, in 
das Auge gefaßt. Da der 1852 geschaffene Zustand offen- 
bar unhaltbar sei, und auch das System der Personalunion 
schließlich keinen der beiden Theile befriedigen werde, so sei 
das Beste die vollständige Abtretung Holsteins und des südlich 
von dem Canal gelegenen Schleswig. Darüber seien aber 
die Bevölkerungen zu hören, gleich viel, ob durch Plebiscit 
oder Volksvertretung. Wenn deren Votum auf einen selb- 
ständigen Staat unter dem Augustenburger Prinzen ginge, 
so würde Frankreich sich nicht widersetzen, obgleich es die 
Schöpfung eines neuen Kleinstaats nur beklagen könnte. 
Fiele aber das Votum für einen Anschluß an Preußen aus, 
so würde Napoleon es auf der Conferenz zu dem seinigen 
machen. Er verlange dafür keine, auch nicht die geringste
	        
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