300 Die Londoner Conferenz.
Landabtretung, sondern würde sich mit den Compensationen
begnügen, welche ihm ein offenes und kräftiges Einverständniß
auf andern Gebieten zu gewähren geeignet seien. Drouyn de
Lhuys legte dann noch des Weitern dar, wie wenige Ein-
wendungen gegen ein solches System sich erheben könnten; die
innere Großartigkeit des Gedankens, sagte er, muß auf der
Conferenz einen unwiderstehlichen Erfolg haben. Er bat dann
noch um strenge Discretion, und bemerkte, daß er sich gegen
den englischen Minister Lord Clarendon, dessen Ankunft in
einigen Tagen erwartet war, völlig zugeknöpft verhalten
würde, bis er auf die eben gemachten Mittheilungen Ant-
wort aus Berlin empfangen hätte.
So wurde der Gedanke einer preußischen Annexion der
Herzogthümer, der längst, wie wir sahen, in der Luft lag,
der jedesfalls für Deutschlands Gesammtinteressen die beste
Lösung des Streites darbot, und der auch von Napoleon
schon früher gesprächsweise gestreift worden war, jetzt amtlich
aus Paris der preußischen Regierung entgegen getragen.
Die Londoner Conferenz stand vor der Thür: man mußte
sich erklären. Wie unschätzbar Napoleon's Unterstützung für
Preußen werden konnte, wenn sie redlich gemeint war, bedarf
keiner Erörterung. Aber war sie redlich gemeint bei der
stets unberechenbaren Natur des Kaisers? Wohl hatte er
seit dem Anfang seiner Regierung sich Preußen stets zu
nähern gesucht; nach der kurzen polnischen Störung schien
er also jetzt nur zu der alten Gesinnung zurückzukehren.
Aber er liebte es, wie sein Oheim, mehrere Sehnen an seinem
Bogen zu haben; man wußte, wie schnell und leicht er in
Bundes= oder Kriegsfragen die Front zu wechseln pflegte.
Zur Zeit erstrebt er in der That unsere Freundschaft, schrieb