Preußische Depesche nach Paris. 303
vorzubringen: Dänemark werde dies sicher ablehnen und eher
die Abtretung Holsteins und eines Theils von Schleswig vor-
ziehen; dann sehe die Bevölkerung, daß es ohne irgend eine
Theilung nicht abgehen würde, und müßte sich eben darein
finden. Dasselbe gelte auch von der Frage, wer das von
Dänemark abzutrennende Gebiet erhalten solle. Für Preußen
sei die Annexion natürlich vorzuziehen; die Bevölkerung aber
würde dafür erst stimmen, wenn die andere Combination sich
unerreichbar gezeigt hätte, und die Frage einfach stände:
preußisch oder dänisch. Übrigens sei ein Aufschub der Ent-
scheidung, bei fortdauernder Besetzung des Landes, den
preußischen Interessen nicht schädlich.
Als Goltz, diesen Weisungen entsprechend, bei Drouyn
eine bessere Grenze beantragte, erfuhr er auf's Neue, wie
der Minister zwar die Befehle seines Herrn befolgte, für sich
selbst aber der preußischen Tendenz Napoleon's sehr wenig
geneigt war. Drouyn wollte sogar die Grenzlinie von der
Schlei nach Eckernförde zurückschieben, anstatt sie weiter nach
Norden hinaus zu verlegen. Andrerseits erklärte König
Wilhelm, nachdem er in Schleswig die Verzweiflung der
Einwohner bei jedem Gedanken an erneuerte dänische Herr-
schaft gesehen, seinen unwiderruflichen Entschluß, keinen
deutschen Bezirk wieder an Dänemark herauszugeben, also
mindestens alles Land bis Apenrade für Deutschland zu be-
haupten. Bismarck hätte sich, um zum Abschlusse zu kommen,
gerne mit Geringerem begnügt, mußte aber dem Grafen Goltz
den bestimmten Befehl des Königs übermitteln. Glücklicher
Weise zeigte sich Napoleon freundlicher als sein Minister.
Gleich nach der Kunde von Düppel hatte er am 19. April
ein warmes Glückwunsch-Telegramm an den König gesandt,