Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

314 Die Londoner Conferenz. 
solche Auskunftsmittel selbst zu erfinden. Indessen berichtete 
Bernstorff am 13. Mai von einem vertraulichen Gespräche 
mit Lord John, worin er dem englischen Minister erklärt 
habe, Preußen könne in der nächsten Sitzung nichts Geringeres 
fordern, als die völlige Unabhängigkeit der Herzogthümer, 
und auch von einem dynastischen Bande könne keine Rede 
sein, bis Christian IX. den juristischen Beweis seiner Erb- 
berechtigung geführt habe. Nach mehreren unthunlichen Vor- 
schlägen habe dann Lord John erklärt, er sehe wohl, daß es 
unmöglich sei, die beiden widerhaarigen Nationalitäten in 
einem Staatswesen zusammen zu halten; es bleibe nichts 
übrig, als ihre vollständige Trennung, also Theilung Schles- 
wigs nach der Abkunft der Bewohner; dies wolle er im eng- 
lischen Ministerrathe beantragen. Zwar hatte Palmerston 
noch einmal in Paris so dringend wie möglich eine scharfe 
gemeinsame Demonstration gegen Preußen in Anregung ge- 
bracht, er empfing aber am 14. Mai die Nachricht, daß Napoleon 
dies ebenso entschieden wie früher verweigere, vielmehr den 
Fürsten Latour angewiesen habe, freilich überall für den Frieden 
zu wirken, jedoch jedes feindselige Wort gegen Preußen zu 
vermeiden, da ein solches mit der allgemeinen Richtung der 
französischen Politik nicht übereinstimmen würde. Damit war 
das Todesurtheil der dänischen Integrität gesprochen; es war 
Bernstorff's einzige Sorge, daß Dänemark eine letzte Rettung 
in der Annahme der von Osterreich geliebten Personalunion 
finden möchte. Man ist jetzt hier, meldete er am 16. Mai, 
auf die weitestgehenden Forderungen von unserer Seite gefaßt; 
jedes Zurückweichen in unserer Action könnte Alles verderben. 
Schon nach dem Berichte des 13. trug denn auch Bis- 
marck kein Bedenken mehr, vorzugehen. Am 15. Mai wieder-
	        
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