Frage eines neuen Programms. 315
holte er zunächst in einem bald nachher publicirten Erlasse
an Bernstorff die Erklärung, daß nach den vielfachen dänischen
Verletzungen der Verträge von 1852 auch die deutschen
Mächte an diese nicht mehr gebunden seien; ja, er erwähnte
sogar den Umstand, daß das Thronfolgegesetz von 1853 den
Ständen der Herzogthümer niemals vorgelegt worden, und
dadurch nicht zu vollem, rechtlichem Bestande gelangt sei.
Diese Behauptung war, wie wir wissen, historisch unrichtig,
aber durch die Augustenburger Agitation aller Welt in Deutsch-
land geläufig geworden; sie ist hier merkwürdig genug, weil
sie den einzigen Fall enthält, wo in der weitschichtigen Er-
örterung der großen Frage Bismarck in eine vorübergehende
Inconsequenz verfiel. Daß übrigens durch eine solche momentane
Außerung des Ministers an seinen Gesandten dem eigenen
Staate kein Recht vergeben, und einem Dritten kein Recht ein-
geräumt werden konnte, ist selbstverständlich. Sodann tele-
graphirte er an demselben Tage: der König befiehlt mir,
Ihnen mitzutheilen, daß die gänzliche Trennung der beiden
Nationalitäten in der That unser Ziel ist, unter Vorbehalt
der dynastischen Frage, die für uns nur secundäre Bedeutung
hat; um jedoch dies Ziel zu erreichen, ohne gegen Osterreich
wortbrüchig zu werden, müssen wir zuerst den Plan der
Personalunion durchmachen, so zwar, daß derselbe nicht zur
Annahme gelangt, aber auch nicht offenbar an unserer Oppo-
sition scheitert. Sobald er als unausführbar erkannt ist,
werden wir Osterreichs Zustimmung zu der in Ihrem Gespräche
mit Lord John entwickelten Combination zu erlangen suchen.
Zunächst werden wir Osterreich einladen, in der Sitzung
am 17. mit uns die politische Autonomie und Unabhängigkeit
der Herzogthümer bis zur Königsau zu begehren.