Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Schmerling's Einwirkung. 329 
Politik. Eine Gefahr für den europäischen Frieden läge bei 
einer Lösung vor, welche das bisherige Gleichgewicht der 
Großmächte ändern würde. Dabei habe die Erhebung 
Augustenburg's noch den Vorzug, daß durch sie die für uns 
völlig unstatthafte Anwendung des von Frankreich vertretenen 
Nationalitäsprincips gänzlich überflüssig werde. 
Rechberg's Wort war nur zu richtig: es beginnt damit 
ein neuer Abschnitt unserer Politik. Bisher hatte man dem 
fremden Dänemark gegenüber Augustenburg für unberechtigt 
erklärt, jetzt dachte man, gegenüber dem deutschen Allürrten, 
dem Prinzen das fehlende Recht zu schaffen. Bisher hatte 
man zu Preußen gegen die Mittelstaaten gehalten; jetzt 
dachte man wieder mit den Mittelstaaten gegen Preußen zu 
gehen. Immerhin hoffte und wünschte Rechberg dabei, durch 
schöne Anweisungen auf die Zukunft, oder durch Entgegen- 
kommen in dieser und jener Einzelheit, jeden offenen Bruch 
mit Preußen zu verhüten. Es gab aber andere Männer in 
Wien, Gegner des preußischen Bündnisses von Anfang an, 
und jetzt beeifert, Preußens Wünsche im Keime zu ersticken, 
und den Gegensatz zwischen beiden Höfen möglichst bestimmt 
hervortreten zu lassen, an ihrer Spitze der seit 1848 von 
Preußenhaß erfüllte Minister des Innern und Chef des 
Preßbureau's, Herr von Schmerling. Schon am 25. Mai 
brachten die beiden Zeitungen, der Botschafter und die Wiener 
Abendpost, triumphirende Artikel des Inhalts, die dänische 
Integrität, dieser inhaltlose Aberglanbe der europäischen 
Diplomatie, sei von den Mächten so gut wie aufgegeben; 
zugleich habe Preußen auf seine Annexionsgedanken verzichtet 
und sei mit Osterreich einig für Augustenburg; es frage sich 
nur noch, ob es von diesem vielleicht gewisse Zugeständnisse
	        
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