Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Osterreichisch-preußische Conferenz in Karlsbad. 351 
Spruche des Vermittlers zu unterwerfen. Man habe sonst 
die Kriegserklärung Englands zu gewärtigen; dann werde 
Palmerston dem Wiener Cabinet unabsehbare Gefahren an 
der dalmatinischen Küste, in Venetien und weiterhin in Ungarn 
und Galizien erwecken, und in Osterreich selbst eine schwere 
Finanzkrisis die Folge des Bruches mit England sein. Auch 
eine Verständigung Englands mit Frankreich würde in diesem 
Falle nicht ausbleiben und die Calamitäten Deutschlands ver- 
doppeln. Bismarck's Bemerkung, daß es für die deutschen 
Mächte gemeinsam ebenso möglich wie für England sein würde, 
sich mit Napoleon zu verständigen, vermochte den kaiserlichen 
Minister nicht umzustimmen. Nicht größern Eindruck machte 
Bismarck's Warnung vor den Folgen, welche ein Nachgeben 
in dieser Sache bei dem deutschen Volke haben müßte, welches 
dann nur noch in der Revolution ein Mittel sehen würde, 
um für die deutsche Nation eine europäische Bedeutung zu 
gewinnen. Diese Nachtheile in Gemeinschaft mit einem eben- 
falls zurückweichenden Preußen auf sich zu nehmen, schien 
dem Grafen erträglicher zu sein, als die Aussicht auf einen 
Krieg, welchen seine Collegen im Wiener Ministerrath als das 
höchste der Übel verabscheuten. Fort und fort predigte er Füg- 
samkeit gegen Englands Wünsche. Da erklärte ihm Bismarck 
Preußens bestimmten Entschluß, seinerseits in keinem Falle 
zu weichen. Möge dann Osterreich, sagte er, uns allein 
die Fortführung des Kriegs überlassen, sich selbst aber aus 
der Sache herausziehen, unter Aufrechthaltung der freund- 
lichen Beziehungen und der Gewißheit kräftiger Unterstützung, 
falls Deutschland zu Lande angegriffen werden sollte. Dies 
schlug durch; in einer solchen Sachlage wäre jeder deutsche 
Einfluß Osterreichs vernichtet, Preußen aber unbedingt der
	        
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