Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Die Frage der Zolleinigung Osterreichs und des Zollvereins. 387 
liebten deutschen Mittelstaaten. Sie meinten, das erklärte 
Aufgeben der großen Zolleinigung würde das Signal zur 
vollständigen Ausschließung Osterreichs aus dem deutschen 
Bunde sein, und wer sonst aus irgend welchem Anlaß der 
preußischen Allianz abgeneigt war, stimmte eifrig dieser Auf- 
fassung zu. Wenn man zur Zeit keinen Fortschritt auf der 
1853 eröffneten Bahn erringen könne, dürfe wenigstens die 
damals gewonnene Position um keim Atom verschlechtert 
werden. . 
Rechberg sprach also in Schönbrunn dem König Wilhelm 
und dessen Minister den lebhaften Wunsch aus, es möge der 
jetzt zur Erwägung stehende Handelsvertrag wieder wie jener 
von 1853 als die Vorbereitung zu einer künftigen Zoll- 
vereinigung bezeichnet, und demnach wie im Artikel 25 des 
alten Vertrags auch hier festgesetzt werden, daß binnen zwölf 
Jahren eine Verhandlung über die Zolleinigung Statt finden 
solle. Bismarck fand eine solche Zusage nicht besonders gefahr- 
voll, da ein bloßes Versprechen, künftig unterhandeln zu 
wollen, keine Verpflichtung über das Ergebniß der Unter- 
handlung enthielt. Immer erklärte er dem österreichischen 
Collegen seine Verwunderung über dies lebhafte Begehren 
einer Sache, die auf eine inhaltsleere Phrase hinauslaufe, 
da die gepriesene Zolleinigung, wie Rechberg selbst anerkenne, 
heute unmöglich sei und höchst wahrscheinlich nach zwölf 
Jahren sich in derselben Lage befinden würde. Ganz ent- 
schieden bedenklich sprach sich König Wilhelm aus, und war 
wenig geneigt, überhaupt sich auf Conferenzen über den Gegen- 
stand einzulassen; Rechberg blieb aber bei seinem Satze, daß 
Osterreich sich nimmermehr deutscher Seits als Ausland be- 
handeln lassen könne, und wies sehr bestimmt auf die Möglich--
	        
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