32 Die Thronfolgefrage.
Händel sattsam in Anspruch genommen, sich um die dänischen
Wirren irgendwie bekümmert. Jetzt aber legte der französische
Gesandte am dänischen Hofe, Baron Billing, ein junger, streben-
der Diplomat, dem Minister eine Denkschrift vor, in welcher
er dringend empfahl, daß Frankreich der russischen und
preußischen Vergrößerungssucht, welche das arme Dänemark
auf allen Seiten umgarnen, kräftig in den Weg trete. Vor
allen Dingen sei die Integrität des dänischen Gesammtstaats,
jedoch unter Erhaltung der schleswig-holsteiner Privilegien, zu
garantiren, und die Einführung der gleichen Erbfolge in allen
Theilen des Gesammtstaats zu bewirken, sei es nun zu Gunsten
der hessischen oder der Augustenburger Linie; gut würde es
sein, demnächst eine französische Flotte in die Ostsee zu senden
und die dreifarbige Flagge an den dänischen Küsten zu zeigen.
Sie könne bei der wohlgelegenen Insel Bornholm feste Station
nehmen, und Frankreich dann vor Europa als Protector
Dänemarks offen auftreten.
Dem beweglichen Ehrgeiz Louis Philippe's leuchtete die
hier entwickelte Rolle völlig ein. Er gab dem Gesandten
einen hohen Orden, und schickte ihn hinüber nach London,
um mit dem englischen Cabinet eine vorläufige Fühlung über
die dänische Lage zu gewinnen, während zu gleicher Zeit eine
schriftliche Mittheilung ähnliches Inhalts an den Fürsten
Metternich abging. Indessen hatte die dänische Regierung,
wenn nicht von allen Einzelheiten der Billing'schen Denk-
schrift, so doch von ihrer allgemeinen Tendenz Kunde erhalten,
und da sie durchaus nicht gesonnen war, ihre freundlichen
Beziehungen zu Berlin und Petersburg gerade jetzt zu ge-
fährden, so erließ sie eine dringende Warnung gegen Billing
als einen überlästigen Intriganten, an den Grafen Aberdeen.