Correspondenz zwischen Bismarck und Rechberg. 399
Wenn Ihre technischen Collegen nach den Äquivalenten für
Ihre Concessionen in der Handelssache fragen, so kann ich
daraus nur schließen, daß dieselben sich nicht auf der politi-
schen Höhe befinden, auf welcher Sie stehen. Hätte ich ihnen
zu antworten, so würde ich sie bitten, sich zu erinnern, wie
Preußen, ehe es die von uns dargebotene Hand ergriff, in
Deutschland und in Europa dastand, und wie es jetzt, Dank
der von Ihnen eingehaltenen Politik, dasteht. Ich würde
sie fragen, ob ein ganzes Archiv voll kleiner Militär-, Post-
und Telegraphenverträge für Preußen den Werth haben
könne, welchen die Freundschaft Osterreichs und das Ver-
trauen der übrigen deutschen Staaten hat. Ich würde ihnen
bemerken, daß um großer europäischer Nothwendigkeiten
willen die vereinte Action der beiden Mächte sich nur in
conservativer Richtung bewegen kann, also mit strenger Ach-
tung des Bundesrechts und der Selbständigkeit der verbün-
deten Staaten. [Bismarck: bis zu welchem Grade?] Sie
selbst machten mich auf die Zeit vor 1848 aufmerksam, in
der Deutschland willig der Leitung Osterreichs und Preußens
folgte: nun, mit welcher Sorgfalt schonten damals die beiden
großen Höfe das Selbstgefühl ihrer Bundesgenossen und
achteten deren Rechte. Das hatte die Folge, daß während
eines Menschenalters von einem Mißtrauen gegen die beiden
Mächte keine Rede war, daß niemand von einem Rheinbunde
sprach. Unter dieser Voraussetzung sind die kleinen Staaten
auch bereit, sich an Osterreich und Preußen anzulehnen. Ihr
Hinzutritt macht den österreichisch-preußischen Bund unbe-
dingt zur stärksten Stellung Europas. Werden sie aber
mißtrauisch, fürchten sie für ihre Unabhängigkeit oder für
ihre bundesmäßigen Rechte, besorgen sie Absorption durch