400 Wiener Friede. Rechberg's Fall.
die beiden Höfe, denken sie an Selbsterhaltung, so geht durch
ganz Deutschland eine gefährliche geheime Unruhe, welche
das Ausland sofort wahrnimmt und ausbeutet, und welche
das Verhältniß der Kräfte nicht wenig zum Nachtheil Oster-
reichs und Preußens alterirt. Thun Sie also, dies ist
meine inständige Bitte, das Ihrige, daß Ihre Nachbarn sich
nicht in schutzbedürftigen Zustand versetzt glauben. Ich werde
dann nicht mehr in den Verdacht kommen, daß ich trachte,
den kleinern Staaten Osterreich als Schutz gegen Preußen
erscheinen zu lassen. Sie werden dann überall Freunde
haben, überall Willfährigkeit für jeden billigen Wunsch finden,
und niemand wird mehr an der Festigkeit unseres Bünd-
nisses zweifeln. Fühlen sich die deutschen Regierungen nicht
mehr geängstigt, so werden sie auch aufhören, mit den Ele-
menten der Volksbewegung zu cokettiren."“
Rechberg mahnte, nach solcher Gesinnung auch die Ham-
burger Telegraphenverträge zu behandeln.
Die Antwort Bismarck's auf diese Erörterung verzögerte
sich durch äußere Zufälligkeiten bis zum 29. September. Da
es nicht wohl anging, dem Wiener Freunde rund heraus zu
sagen, was man von der Deutschheit des Donaureiches dachte,
nahm Bismarck die Wendung, er halte den Fortschritt auf
der gemeinsamen Bahn für sicherer, wenn beide Theile sich
auf den praktischen Boden der Cabinetspolitik stellten, ohne
sich die Lage durch die Nebel trüben zu lassen, welche aus
der Doctrin deutscher Gefühlspolitiker aufstiegen: dann würde
sich zeigen, daß, wenn der deutsche Charakter Osterreichs der
Machtstellung desselben frommen sollte, dies nicht durch einen
Zollvertrag mit problematischen Wortstellungen, sondern nur
durch ein intimes Bündniß mit Preußen erreicht werden