Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

404 Wiener Friede. Rechberg's Fall. 
zwischen Wien und Berlin unwillkommen ist, daß sie dieselbe 
zu lösen hofften. Gelänge ihnen letzteres, so wäre überhaupt 
von Deutschland als politischer Einheit und vom Bunde nur 
noch so lange die Rede, als Friede ist; mit dem ersten Kriege, 
bei dem ein deutscher Staat betheiligt wäre, würde dann 
das Gebäude einstürzen und die Schwächern jedesfalls 
sicherer als die Stärkern unter seinen Trümmern begraben. 
Deshalb sollten die kleinern Staaten Gott für unsere Einig- 
keit danken, unter deren Schutz sie bestehen — wogegen ich 
nicht glaube, daß unsere Sicherheit in den drei gemischten 
Bundescorps beruht. Schonen wir daher unsere gegenseitigen 
Beziehungen um jeden Preis; durch ihre Pflege und Stärkung 
dienen wir Deutschland, indem wir es gemeinsam beherrschen, 
nicht gewaltthätig wie der Protector den Rheinbund, sondern 
bundesfreundlich, wie die Ersten unter unseres Gleichen. Zu 
diesem Zwecke sehe ich uns als verbündet an. Verlieren 
wir aber den Zweck aus dem Auge, hören wir auf, ihn activ 
zu bethätigen, so vermindern wir die Lebenskraft unseres 
Bündnisses; die bloße Besorgniß vor Angriffen des Aus- 
landes ist auf die Dauer weder bei Ihnen, noch bei uns stark 
genug, um die innige Gemeinschaft der Politik zu erhalten, 
in welche uns die gemeinsame Action in der dänischen 
Sache so glücklich versetzt hat.“ · 
Auf diese Darlegung eines Systems deutscher Zwei- 
herrschaft, welches Osterreich vielleicht annehmbar erschienen 
wäre, wenn statt Bismarck's damals ein neuer Ancillon die 
preußische Politik geleitet hätte, gab Rechberg keine Er- 
widerung mehr. In Berlin war man unterdessen im Begriff, 
das letzte Siegel auf den in der Krisis des Zollvereins er- 
rungenen Triumph zu drücken und die definitive Unter-
	        
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