410 Wiener Friede. Rechberg's Fall.
werde so weit wie möglich allen Wünschen entgegenkommen,
müsse aber die Antwort sich vorbehalten, bis Bismarck aus
Frankreich zurückgekehrt sei. Am 22. October besprach er
die Lage mit einem Vetter des Kaisers Franz Joseph, dem
Erzherzog Leopold, der ihm den Wunsch des Kaisers auf
unverändertes Fortbestehen der Allianz überbrachte. Der
König machte darauf aufmerksam, daß gleichzeitig Schmerling
in seinen Preßorganen den lebhaftesten Kampf gegen die
Allianz und gegen Rechberg, als deren Vertreter, eröffnet
habe. Deshalb werde Rechberg getrieben, das Begehren der
Zolleinigung aufrecht zu erhalten, welche nach allgemeinem
Bekenntniß unmöglich sei. Wenn Schmerling die Oberhand
behalte, würden alle Zustände der letzten Jahre wieder auf-
leben, die Opposition der Mittelstaaten, der Wettbewerb
Osterreichs und Preußens um deren Gunst, die Freude des
Auslandes über ein solches Schauspiel innerer Ohnmacht
und Zerrüttung.
Aber in demselben Augenblick war in Wien die Ent-
scheidung bereits gefallen. Rechberg fand sich im Minister-
rathe völlig vereinzelt. Seine Collegen warfen ihm die Re-
sultatlosigkeit seiner bisherigen Politik und die Vereinsamung
Osterreichs in Europa vor, während Bismarck eben in Biarritz
und Paris mit einem französisch-preußischen Bündniß be-
schäftigt sei. Über den Artikel 25 kam keine Entscheidung
aus Berlin; unterdessen brauste der von Schmerling ver-
anlaßte Zeitungssturm gegen den unglücklichen Collegen los,
und die liberale Partei erhob gegen Rechberg die Anklage, er
verhandle heimlich mit Bismarck den Sturz aller constitutio-
nellen Einrichtungen. Demnach erhielt der Kaiser gleichzeitig
von Rechberg und von Schmerling die Erklärung, es sei