40 Die Thronfolgefrage.
einzelnen Rechtsfragen dabei allerdings der höhern Frage
der Integrität untergeordnet sein; diese Verhandlung werde
erfolgen, sobald die Gemüther sich einiger Maaßen wieder
beruhigt hätten. Löwenstern brachte jedoch die Sache nicht
weiter als Pechlin. Beide Höfe erklärten sich in ihrer Ant-
wort mit der Erhaltung der dänischen Integrität einverstanden,
vermochten aber der unbedingten Unterordnung der Rechts-
ansprüche unter die Forderung der Integrität keineswegs zu-
zustimmen. Der preußische König sprach seine Ansicht jetzt sehr
lebhaft dahin aus, daß er ebenso wie der dänische die fort-
dauernde Integrität des Gesammtstaats wünsche, für das
einzig mögliche und erlaubte Mittel aber zu diesem Zweck
nicht die Ausschließung Augustenburg's, sondern jene der
hessischen Linie, und somit die Berufung Augustenburg's, zur
Nachfolge auch in Kopenhagen erachte. Er meinte, daß
Kaiser Nikolaus, selbst ein Oldenburger, die Erhaltung des
Oldenburger Geschlechtes auf dem dänischen Throne dem Ein-
drängen der hessischen Linie vorziehen würde, und hoffte auf
thätigen Dank von Dänemark, wenn der preußische Vorschlag
den Verlust der Herzogthümer ohne Weiteres beseitigte.
Es war ein vermittelnder Gedanke, dessen Annahme, wie
wir schon oben bemerkten, alle juristischen Schwierigkeiten ge-
hoben hätte. Leider aber hatte die preußische Politik jener
Jahrzehnte mehr als einmal das Mißgeschick, Vermittlungen
vorzubringen, die, in der Sache redlich und trefflich gedacht,
nur den einzigen Fehler hatten, daß sämmtliche betheiligte
Parteien nichts davon wissen wollten. König Christian
schwärmte für die Integrität, aber ausschließlich zum Nutzen
seiner ihn beherrschenden Schwester und deren Nachkommen;
die dänische Bevölkerung haßte den Herzog von Augusten-