Kritik der Verträge. 81
luten Willkür des als unparteüsch fingirten Königs über-
lassen. Nun war es weltkundig, daß dieser unparteiüsche
König ein Eiderdäne war, wie die allmächtige Mehrheit des
dänischen Reichstags. Man brauchte kein Prophet zu sein,
um vorauszusehen, daß man in Kopenhagen jene allgemeinen
Zusagen von 1852 sehr bald in ihr Gegentheil interpretiren,
die Selbständigkeit und das Deutschthum der Herzogthümer
auf's Neue bedrohen, und damit den Hader in doppelter
Schärfe wieder entflammen würde. Unter den günstigsten
Verhältnissen wäre die im Manifest vom 28. Januar 1852
skizzirte Gesammtverfassung eine äußerst weitschichtige und
schwerfällige gewesen, für etwas mehr als zwei Millionen
Menschen drei selbständige Provinziallandtage, neben ihnen
der souveräne dänische Reichstag, und darüber ein parlamen-
tarischer Reichsrath des Gesammtstaats. Und mit einem
solchen Apparate sollte jetzt ein gerechtes und ersprießliches
Regiment geführt werden über zwei auf den Tod verfeindete
Bevölkerungen, von welchen die eine den Fuß auf den Nacken
der andern setzte, diese aber keinen andern Drang im Herzen
hatte, als die Abschüttlung des abscheulichen Joches. Mag
der Fürst Schwarzenberg sich aus Unwissenheit oder Leicht-
fertigkeit über diese Verhältnisse verblendet, mag man in
Berlin in erzwungener Nachgiebigkeit oder in selbstquälerischer
Buße für 1848 ihm dabei zugestimmt haben, ein schlimmeres
Armuthszeugniß konnte sich die österreichisch-deutsche Politik
nicht schreiben, als diese Verträge von 1852.
Unm jedoch die Weisheit einer solchen Politik vollständig.
zu würdigen, muß man sich erinnern, daß sie nicht bloß das
gedemüthigte Deutschland, sondern auch das triumphirende
Dänemark mit gleich starker Erbitterung erfüllte. Vicht gerade
v. Sybel, Begruͤndung d. deutschen Reichez. III.