Gesammtstaats-Verfassung. 91
2. October 1855 verfügt. Hier war denn das Königswort
von 1852, die Landestheile der Monarchie sollten gleich-
berechtigt und keiner dem andern untergeordnet sein, rückhalt-
los in sein Gegentheil verkehrt. Der Gesammtstaat erhielt
unter dem Namen eines Reichsraths ein Parlament mit ciner
erdrückenden Mehrheit der dänischen Stimmen gegenüber
den deutschen, mit voller Competenz für Gesetzgebung
und Finanzen in den gemeinschaftlichen Angelegenheiten.
Wäre es zweifelhaft, ob eine Sache zu den provinzialen
oder den geineinschaftlichen Angelegenheiten gehöre, so würde
der Staatsrath darüber entscheiden, in welchem die dä-
nischen Minister ebenso unbedingt die Mehrheit hatten,
wie die dänischen Abgeordneten im Reichsrath. Dänemark
hatte damit die rechtliche Befugniß, Schritt auf Schritt den
Wirkungskreis der Provinzialstände in den Herzogthümern
beliebig zu schmälern, und dadurch die Selbständigkeit der-
selben schließlich ganz zu beseitigen.
Was die Finanzen des Gesammtstaats betraf, so wurde,
an sich ganz zweckmäßig bei den verwickelten Verhältnissen,
ein Normalbudget aufgestellt, so daß nur etwa erforderliche
Zuschüsse dazu nach einem billigen Verhältniß von den Volks-
vertretungen der Landestheile umgelegt werden sollten. Aber
auch hier fehlte es nicht an Rechts= und Vertragsbrüchen.
Das Normalbudget wurde 1856, für's Erste provisorisch,
verfügt, nach Vereinbarung mit dem dänischen Reichstag, aber
ohne Anhörung der Stände in den Herzogthümern. Die
Erträge der Domänen, welche nach dem Vertrage von 1852
den Provinzen gehörten, wurden den gemeinschaftlichen Ein-
nahmen zugewiesen, und den Herzogthümern außerdem eine
ganze Anzahl unverhältnißmäßiger Lasten auferlegt. Sodann