92 Die Zustände in Schleswig-Holstein. 1865
ständen war es eine unzureichende Entschädigung, daß das
militärische Obercommando und das Ubergewicht in den Gar-
nisonen des Landes in Preußens Hand geblieben war. Der
Kriegsminister von Roon hatte schon im December 1864 das
österreichische Cabinet wissen lassen, daß er 16000 Mann
unter General Herwarth für die Besetzung des Landes be-
stimme; darauf war aus Wien die Antwort gekommen, Oster-
reich werde zu diesem Zwecke nur die Brigade Kalik, 4800
Mann, verwenden, und betrachte es demnach als selbstver-
ständlich, daß das bisherige preußische Obercommando fort-
daure. Da indessen kein Mensch im Lande an einc be-
waffnete Erhebung dachte, war die Zahl der anwesenden
preußischen Bataillone für Preußens politische Wünsche gleich-
gültig, und gegen das fortan sich entwickelnde Verfahren
der Augustenburger besaß General Herwarth schlechterdings
keine Mittel.
Zunächst begannen dic „Schleswig-Holsteinischen“ und
die „Kampfgenossen“-Vereine ihre Verzweigungen weiter nach
Schleswig hinein zu erstrecken; das Ergebniß war nicht un-
bedeutend, wenn auch nicht so vollständig wie in Holstein.
Unaufhörlich setzten sie dann ihre Demonstrationen in Scene;
Festessen, Resolutionen, Deputationen, Localversammlungen,
große Vereinstage hielten die Bevölkerung in Bewegung.
Gleich zu Anfang der neuen Regicrung legten sie in allen
Gemeinden eine Huldigungsadresse an Se. Hoheit den Herzog
Friedrich auf, um vor Europa die unerschütterliche Festigkeit
des Landes feierlich zu bekunden. Der Erfolg schien glänzend.
Während eine von Herrn von Scheel-Plessen veranlaßte Bitt-
schrift von 17 Mitgliedern der Ritterschaft um engen Anschluß
der Herzogthümer an Preußen nur langsam etwa 200 Unter-