112 OÖsterreich und der Bundestag. 1865
rechtskräftige Wirkung und für den Erbprinzen von Augusten--
burg vollkommen unverbindlich geblieben.
Nach diesen Gesichtspunkten beantwortete Bismarck am
7. Mai die österreichische Depesche. Die von Mensdorff
angeregte Berathung mit den Provinzialständen über die Be-
rufung eines vereinigten Landtags eignete er im Interesse
der Rechtscontinuität sich an, warf dabei aber die Frage
hin, ob man daun den Provinzialständen anstatt des Ge-
setzes von 1848 nicht lieber Wahlen nach allgemeinem und
dircctem Stimmrecht vorschlagen sollte. Es war bei dem
unternehmenden Staatsmanne die nochmalige Regung eines
gefährlichen Gedankens, welcher zwei Jahre später auf einem
breiteren Schauplatz zu schweren Folgen wirksam werden
sollte. Unbedingt behauptete ferner, im Gegensatz zu Mens-
dorff, der preußische Minister für jeden einzelnen der beiden
Mitbesitzer das Recht der freien Communication mit der
Landesvertretung. Diese müsse, um ihrer Aufgabe gerecht
zu werden, von allen Sciten vollständige Beleuchtung aller
streitigen Fragen erhalten. Preußen wünsche sich mit Oster-
reich über ein gemeinsames Programm zu verständigen, könne
sich aber in keinem Falle Beschränkungen für seinen Verkehr
mit den Ständen auflegen lassen.
Endlich aber hob Bismarck noch einen besonderen Punkt
mit Nachdruck hervor. Gleich nach dem Erscheinen des Erb-
prinzen von Augustenburg in Holstein, am 31. December
1863, hatten Osterreich und Preußen am Bundestage den
Antrag auf Entfernung des Prinzen aus dem Lande gestellt,
bekanntlich aber keine Mehrheit dafür gefunden. Seitdem
residirte der Prinz mit seinen Ministern in Kiel, stand, wie
wir sahen, mit den Vereinen und bald auch mit den Landes-