Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1865 Wachsende Aufregung in den Herzogthümern. 115 
dieses einflußreiche, überall als Regierungsorgan geltende 
Blatt erörterte jetzt Tag für Tag die Unmöglichkeit eines 
Bruchs zwischen OÖsterreich und Preußen, und begehrte in 
wimmernden Klagetönen die Erhaltung der heiligen Allianz 
um jeden Preis. Im Hause der Abgeordneten machte die 
Fortschrittspartei kein Hehl aus ihrer Sympathie für Augusten- 
burg, und auch bei den übrigen liberalen Fractionen, welche 
ebenso wie ihre Wähler die Annexion für die sachlich beste 
Lösung hielten, überwog zur Zeit die Rücksicht auf den Ver- 
fassungskampf jede andere. So lange die Regierung hier 
auf ihrem Standpunkt beharrte, waren jene entschlossen, ihr 
jeden Erfolg zu hindern, also auch jede Unterstützung in der 
schleswig-holsteinischen Frage zurückzuhalten und selbst für 
den Kieler Hafen und für die Kriegsmarine jede Geld- 
bewilligung abzulehnen. Zugleich sorgte der Kieler Hof dafür, 
daß die persönliche Freundschaft des Kronprinzen mit dem 
Herzog Friedrich immer wieder in den Zeitungen betont 
wurde, allerdings ohne Erwähnung der Thatsache, daß die 
Fortdauer dieses Wohlwollens von der Erfüllung der Februar- 
Bedingungen abhängig war. Genug, die öffentliche Meinung 
in den Herzogthümern hielt zur Zeit die preußische Sache 
für verloren, und sah in Bismarck's Vorschlag, einen Land- 
tag zu berufen, nichts als dic Einleitung zu einem möglichst 
anständigen Rückzug, zu der Verhüllung der erlittenen Nieder- 
lage vermittelst einer hochherzigen Erklärung, dem einmüthigen 
Willen des schleswig-holsteinischen Volkes nicht länger wider- 
streben zu wollen. So warfen sich die Augustenburger Vereine 
mit glühendem Eifer in die Wahlagitation. Ihre aller Orten 
verkündete Losung lautete, wie es Richthofen und Scheel- 
Plessen vorausgesagt hatten: niemand dürfe zum Abgeord- 
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