Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1865 Königlicher Ministerrath in Berlin. 121 
könnte. Demnach befahl der König zu nochmaliger um— 
fassender Erwägung der ganzen Angelegenheit den Zusammen- 
tritt des Staatsministeriums zu einer Sitzung, die unter 
seinem Vorsitz und unter Theilnahme des Kronprinzen und 
des Generals Moltke am 29. Mai Statt fand. 
Der König eröffnete die Verhandlung mit der Bemer- 
kung, daß der dänische Krieg von Anfang an allerdings als 
eine nicht bloß preußische, sondern nationale Sache aufgefaßt 
worden sei, niemals aber habe man Osterreich darüber im 
Zweifel gelassen, daß Preußen eine Entschädigung für seine 
Opfer fordern werde. Es frage sich nun, ob man zu diesem 
Zwecke die Annexion der Herzogthümer oder das Programm 
vom 22. Februar in das Auge fassen solle. Bismarck ergriff 
darauf das Wort, indem er mit dem Satze begann, daß 
Preußen durch die neue Ordnung der Dinge mindestens 
nicht schlechter gestellt werden dürfe, als es früher zu dem 
befreundeten Dänemark gestanden. Eine solche Verschlechterung 
aber würde in der Schöpfung eines neuen, von Preußen un- 
abhängigen Mittelstaats liegen, bei der jetzigen Feindseligkeit 
Dänemarks, gegen welche die schleswig-holsteinische Armee 
nicht ausreiche, Preußen also stärker belastet werde. Um 
hiegegen gesichert zu sein, fuhr er fort, bieten sich drei Wege 
dar. Der erste wäre Beschränkung auf die Begehren vom 
22. Februar. Er hätte den Vorzug, daß diese Minimal- 
forderung, besonders wenn wir etwa auf den preußischen 
Fahneneid und die völlige Einverleibung der schleswig-hol- 
steinischen Truppen in das preußische Heer verzichteten, viel- 
leicht auf friedlichem Wege zu erreichen wäre. Freilich würden 
dann die Herzogthümer mit einer Staatsschuld von 80 Mil- 
lionen belastet, die öffentliche Meinung in Preußen das Er-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.