Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1865 Allseitige Friedensliebe und Unlöslichkeit des Gegensatzes. 129 
lands, Preußen aber das seine, wie Italien, in der Einheit 
des großen Vaterlandes. Zweimal hatte Osterreich den 
nordischen Rivalen von diesen Bahnen abgelenkt, unter 
Metternich durch schmeichelnde Überredung, unter Schwarzen- 
berg durch Drohung übermächtiger Gewalt. Jetzt war die 
Frage zum dritten Male gestellt. Österreich verbot dem 
Allürten die Verwerthung der Siegesfrucht für sich und 
Deutschland; es verbot sie auf Grund des alten Bundes- 
rechts. Wenn es auf diesem Boden verharrte, so hatte 
Preußen nur zwischen einem neuen Olmütz und dem Bruch 
des Bundes die Wahl. Ein besonderer Umstand kam hinzu, 
der preußischen Regierung jedes Zurückweichen zu erschweren. 
Jahr für Jahr hielt ihr das Haus der Abgeordneten den 
Satz entgegen, daß die neue Einrichtung des Heerwesens 
verfehlt und schädlich, daß sie eine unnütze Vergeudung der 
nationalen Kräfte sei. Wie populär im Lande die Annexion 
Schleswig-Holsteins, die Schöpfung einer deutschen Flotte, 
die Bundesreform an sich auch waren, die Volksvertreter 
blieben dabei, jede Meinungsäußerung über diese Fragen zu 
versagen, so lange der Verfassungsstreit schwebe; und bis die 
Regierung die Forderungen der Majorität hinsichtlich des 
Heeres und des Budgets anerkannt hätte, jede Geldbewilligung 
auch für die Flotte und den Kieler Hafen abzulehnen. Die 
Regierung, welche für die Verstärkung ihrer Heeresmacht 
einen solchen Streit auf sich genommen, war unwiederbringlich 
verloren, wenn sie schließlich mit ihrer starken Armce die 
Demüthigung von 1850 wiederholte. 
Bismarck begann, den Glauben an die Möglichkeit jener 
Zweiherrschaft in Deutschland aufzugeben, die er dem Grafen 
Rechberg und aufangs auch dessen Nachfolger so oft und so 
v. Sybel, Begründung des deutschen Reiches. IV. 9
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.