Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

134 Preußisches Ultimatum. 1865 
deten Landesherrschaft in den Herzogthümern, und stellte dem- 
nach für jede Cession seiner Rechte Bedingungen und Schran- 
ken nach freiem Ermessen. Osterreich dagegen verfuhr als 
beinahe zufälliger Inhaber fremdes Eigenthums — etwa nach 
Pfordten's Ausdruck, wie ein Gensdarm, der eine gestohlene 
Sache dem Diebe abgejagt hat — und strebte, das Land so 
schnell wie möglich dem rechtmäßigen Eigenthümer zu über- 
geben. Wunderlich genug bei einer Macht, welche Jahre lang 
die Rechtmäßigkeit aller Prätendenten bestritten hatte, und 
jeden Tag bereit war, gegen Abtretung der Grafschaft Glatz 
die Herzogthümer der preußischen Annexion zu überlassen. 
Indessen gestalteten sich in diesen Tagen die innern Verhält- 
nisse des Donaureiches so ernst, daß Mensdorff sich immer 
stärker veranlaßt fand, Preußen gegenüber die Dinge nicht 
auf die Spitze zu treiben, und mithin am 24. Juni einen 
weitern Schritt entgegen that. In einem vertraulichen 
Schreiben an Werther führte er aus, daß es für Osterreich 
schwer sei, positive Gegenvorschläge zu machen, ohne die 
übrigen Betheiligten hinzu zu ziehen. Was wir allein thun 
können, sagte er, haben wir schon gethan; wir gestehen Preu- 
ßen einen Kriegshafen und die Besetzung einer Bundesfestung 
zu, letzteres unter der Bedingung, daß dann Rastadt aus- 
schließlich österreichische Besatzung erhält. Weiterer Landgewinn 
für Preußen außer dem Kieler Hafen wäre durch einen ent- 
sprechenden Landgewinn für Österreich (Hohenzollern oder 
schlesische Grenzbezirke) bedingt. Dagegen kann über die 
Militärhoheit Osterreich unmöglich entscheiden: die zur Erfül- 
lung der preußischen Wünsche erforderlichen Anderungen des 
Bundesrechts kann nur der Bundestag beschließen. Über 
andere Punkte, die Marine, den Canal, die Verkehrsverhält-
	        
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