Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

136 Preußisches Ultimatum. 1865 
Osterreich an Augustenburg festhielt, Preußen dagegen jetzt 
dessen Einsetzung nicht mehr unter gewissen Bedingungen 
genehmigte, sondern ihn unbedingt ausschloß. Vieles war in 
der letzten Zeit zusammen gekommen, um diese Wandlung in 
Berlin herbeizuführen, und das frühere Wohlwollen des 
Königs gegen den Erbprinzen in sein Gegentheil zu ver- 
klehren. 
In den Herzogthümern erhielt sich der Zustand unver- 
ändert, wie wir ihn seit dem Beginn des Jahres sich haben 
entwickeln sehen. Die Zeitungen und die Vereine arbeiteten 
mit wachsender Heftigkeit für Augustenburg und ein souveränes 
Schleswig-Holstein; die Landesregierung führte die Verwal- 
tung im gleichen Sinne, und sandte in regelmäßigem Ge- 
schäftsgang wöchentlich ihre Berichte an den Finanzminister 
des Erbprinzen, Staatsrath Francke. Die Anhänger der 
Annexion, ebenso wie jene des engern Anschlusses, waren 
völlig eingeschüchtert; wo jemand von ihnen hervortrat, 
wurde er durch die Zeitungen dem öffentlichen Unwillen de- 
nuncirt, in der Gesellschaft gemieden, durch die weltlichen 
und geistlichen Beamten nach Möglichkeit chicanirt. So 
wagten sie um so weniger, sich zu rühren, als Preußen bisher 
noch niemals die Absicht der Annexion bestimmt ausgesprochen 
hatte, und bei der Thronbesteigung des Erbprinzen, gleichwviel, 
ob mit oder ohne Februar-Bedingungen, jeder preußisch Ge- 
sinnte für seine ganze Zukunft besorgt sein mußte. Weder 
Zedlitz noch Herwarth fanden ein Mittel, diese Zustände zu 
bessern, da jeder in diesem Sinne gestellte Antrag an Halb- 
huber's Veto scheiterte. Der österreichische Civilkommissar 
stand selbst in Briefwechsel mit Samwer, und ließ nicht selten 
durch ihn oder andere Vertrauensmänner Mittheilungen an
	        
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