1865 Drohende Depeschen nach Wien. 149
Fall einer ablehnenden Antwort des Kaisers wurde mittlerer
Weile vorbereitet, drei Depeschen, welche die verschiedenen
Streitpunkte erörterten, um schließlich daran die Erklärung
zu knüpfen, daß der König den Entschluß kund gegeben habe,
die öffentlichen Verunglimpfungen Preußens und seines
Hceres, durch welche das nationale und militärische Gefühl
desselben verletzt werde, nicht länger zu dulden; man werde
also Herwarth anweisen, amtlich bei der obersten Civilbehörde
Abhülfe zu verlangen, und wenn dies erfolglos bleiben sollte,
selbständig die geeigneten Maaßregeln zu Schutz und Genug-
thuung zu ergreifen. Der König, erklärte der Erlaß, ver-
hehlt sich nicht den Ernst dieses Entschlusses, noch die Be-
deutung der Folgen, welche die Durchführung desselben für
das Verhältniß beider Mächte zu einander, uncrachtet ge-
wissenhafter Schonung und Anerkennung der Rechte des Mit-
besitzers, haben kann. Aber wenn uns die Mitwirkung zur
Abhülfe versagt wird, . . ein Fall, von dem wir hoffen,
daß er nicht eintreten werde, müssen wir die nothwendigen
Maaßregeln einseitig ergreifen, und sie auf jede Gefahr durch-
führen. Wir würden jede daraus etwa erfolgende Rückwirkung
auf unsere Beziehungen zur kaiserlichen Regierung beklagen,
aber unsere Beruhigung darin finden, daß wir zu den Ent-
schlüssen, mit welchen wir so lange gezögert haben, durch die
Nothwendigkeit gedrängt worden sind.
Als bis zum 11. Juli noch keine Nachricht aus Wien
gekommen war, gingen diese Depeschen an Werther zur Mit-
theilung an Mensdorff ab. Gleich nachher erschien dann
Wiener Blättern diese Angaben. für grundlose Erfindungen erklären.
Charakteristisch war es, daß das kaiserliche Preßbureau die Aufnahme
dieser Erklärung in eine officiöse Zeitung weigerte.