Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

164 Esterreichische Ministerkrisis. 1865 
stand verfügte, worauf dann Feldmarschall Heß am 6. im 
Herrenhause erklärte, daß hienach die Armee mit den von dem 
andern Hause bewilligten Summen auskommen könne. Der 
Kriegsminister bestätigte, daß Se. Majestät befohlen habe, 
mit den Ersparnissen bis an die Grenze des Möglichen zu 
gehen, und in der That wurde gleich nachher die Armee- 
reduction in Venctien allseitig durchgeführt, und auch hier 
zahlreiche militärische Bauten eingestellt. Bis zum 18. Juli 
wurden dann die sonstigen kleinen Differenzen zwischen den 
Budgetsätzen beider Häuser ausgeglichen, und hienach der 
gleichlautende Wichluß von den Abgeordneten am 21., von 
den Herren am 22. gefaßt. Die hier erscheinenden Anschläge 
ließen auf dem Papier ein Deficit von sieben Millionen, für 
welches ein besonderes Gesetz Deckung schaffen sollte; nach 
den im Jahre 1864 gebliebenen Einnahme-Ausfällen von 
30 Millionen aber war man für den Schluß von 1865 auf 
ein thatsächliches Deficit von 80 Millionen gefaßt, und die 
dafür erforderliche Anleihe war, wie wir sahen, von dem 
Reichsrathe noch nicht bewilligt worden. Diese Betrachtungen 
hielten jedoch den Grafen Belcredi nicht auf, da er ja über— 
haupt ohne einen Reichsrath zu regieren gedachte. Die 
Session wurde mithin am 27. Juli geschlossen, und an dem- 
selben Tage das neue Ministerium constituirt. Belcredi wurde 
Staatsminister, Vorsitzender des Ministerraths, Verwaltungs- 
und Polizeiminister; Graf Larisch übernahm die Finanzen, 
Ritter von Komers die Justiz, Kriegsminister Franck die 
Marine. 
In dieser Lage also befand sich der Kaiserstaat, als 
Mensdorff das preußische Ultimatum aus Regensburg erhielt, 
ein Verfassungssturz in naher Aussicht, der Conflict mit Ungarn
	        
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