Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

170 Ssterreichische Ministerkrisis. 1865 
So that die Unterhandlung keinen Schritt vorwärts. 
Es blieb nur noch die Frage übrig, ob sich eine minder 
kriegsgefährliche Einrichtung des bisherigen Gemeinbesitzes 
finden ließe. Blome glaubte hiefür im Princip die Geneigt- 
heit Osterreichs in Aussicht stellen zu können: und trug jetzt 
seinen Gedanken vor, wenn nicht die Souvecränität, so doch 
die Verwaltung Schleswig-Holsteins, deren Gemeinsamkeit 
bisher die Quelle aller Händel gewesen, zu theilen, so daß 
Osterreich die eine, Preußen die andere Landeshälfte unter 
seine alleinige Administration nähme. Bismarck erklärte ihm, 
daß sich darüber reden lasse, und stellte nur, wenn Prcußen 
in dieser Weise Schleswig erhalte, gewisse Vorbehalte preußi- 
scher Interessen hinsichtlich Holsteins in Aussicht. Eine be- 
stimmte Erklärung über seinen Plan glaubte Blome jedoch 
der Zusammenkunft der beiden Souveräne selbst vorbehalten 
zu müssen, und auch Bismarck hatte gegen einen solchen 
Aufschub um so weniger etwas einzuwenden, als ein schärferes 
Vorgehen preußischer Seits offenbar unthunlich war, so lange 
der König auf österreichischem Boden verweilte. Er ließ sich 
nur für diese Zwischenzeit von Blome strenge Verschwiegen- 
heit zusagen. Demnach reiste Blome am 31. Juli nach Ischl 
zurück, wo sich Kaiser Franz Joseph damals aufhielt, und 
unterbreitete diesem seine Vorschläge über den Fortgang der 
Verhandlung. Der Keiser berief darauf sofort den Grafen 
Mensdorff, um an der Erwägung der Sache Antheil zu 
nehmen. 
Es war kein Wunder, wenn die österreichischen Staats- 
lenker nicht mit raschem Eifer auf Blome's Programm zu- 
griffen. Denn, mochte man es wenden und formuliren, wie 
man wollte, es war unmöglich, darin eine neue, totale
	        
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