1865 Preußens Verhandlung mit Italien. 177
sich bei ihrer eigenen Bevölkerung das materielle Interesse
sehr lebhaft für den Vertrag; es war vorauszusehen, daß
ihr Widerstand nicht lange dauern, und dann Italien dem
preußischen Cabinet für einen nicht unerheblichen Fortschritt
verpflichtet sein würde.
Als Usedom die Regensburger Weisungen erhielt, war
gerade der italienische Gesandte Nigra in Florenz anwesend,
nachdem er kurz zuvor Napoleon in Paris und Victor Emanuel
in Turin gesprochen hatte. Er versicherte dem Grafen auf
das Bestimmteste, daß Napoleon Preußen begünstige und sich
einer Vergrößerung desselben nicht widersetzen werde; niemals
werde es wieder einen französischen Souverän von so preußen-
freundlicher Gesinnung geben. Italien habe sich keiner Zeit
verpflichtet, zu einem Angriff auf Osterreich vorher Napoleon's
Zustimmung einzuholen, und nimmermehr werde dieser Italien
bei einem ernsten Kriege zwischen Preußen und Osterreich von
der Befreiung Venetiens zurückhalten. Bei einem solchen
großen und ernsten Kriege gebe es für Italien selbst nur
einen einzigen Entschluß, sofortigen Angriff, auch ohne einen
vorausgegangenen Vertrag mit Preußen; keinem Minister,
heiße er wie er wolle, würde die Nation ein anderes Ver-
halten erlauben.
Dies Alles erschien so klar und aussichtsreich wie möglich,
und demnach stellte Usedom am 27. Juli dem General La
Marmora in hoffender Stimmung die amtliche Frage: wenn
Preußen, was heute noch nicht gewiß, aber vielleicht sehr
nahe ist, mit Osterreich in Krieg geräth, was wird Italien
thun? Hier aber schallte ihm ein anderer Klang als aus
Nigra's Worten entgegen. Wir wollen kurz hier wiederholen,
was La Marmora selbst über dies Gespräch, in einem
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. IV. 12