Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1865 Preußische Bedenken. 189 
Dies Alles bildete eine unverächtliche Verstärkung der 
preußischen Stellung in den Herzogthümern. Es kam dazu, 
daß eine solche Wendung der österreichischen Politik einen 
tiefen Riß zwischen dem Wiener Cabinet und den Mittel- 
staaten hervorbringen mußte; es wäre fortan nicht mehr 
Preußen, sondern die Mehrheit des Bundestags, welche über 
Osterreichs Unzuverlässigkeit zu klagen hätte. 
So zeigte der Vertragsentwurf manche Lichtseiten für 
Preußen. Aber freilich, auch der Schatten fehlte nicht. Ein 
reines und volles Ergebniß wurde nicht gewonnen. Wenn 
auch für Schleswig und Lauenburg die Annexion thatsächlich 
erreicht wurde, so blieb die Zukunft Holsteins fortdauernd 
ungewiß; über die wichtigsten Fragen, die Militärhoheit und 
die Flottenleistungen, war entweder nichts gesagt, oder die 
Entscheidung des Bundes vorbehalten, und dadurch mittelbar 
auch die Zukunft Schleswigs wieder in das Unsichere gestellt. 
Vor Allem aber, wenn jetzt Osterreich ein Princip anerkannte, 
aus welchem die Beseitigung der Augustenburger Agitation 
die unwiderlegliche Folgerung war, wer stand nach den bis- 
herigen Erlebnissen dafür ein, daß Osterreich zu allen Zeiten 
an dieser Anerkennung festhalten würde? Viermal hatte 
Osterreich in der Angelegenheit binnen kurzer Frist seine 
Haltung gewechselt, und wenn es jetzt, bei seinen schlimmen 
Aussichten für den Erfolg eines Kriegs, eine Schwenkung 
zu Preußen hinüber machte, so gab dies nur eine schwache 
Bürgschaft gegen eine fünfte Schwenkung zurück auf die ent- 
gegengesetzte Seite, wenn ihm die Zukunft einmal bessere 
Chancen bei einem preußischen Kriege zu eröffnen schiene. 
Unter diesen Umständen brachte die auswärtige Politik 
die Entscheidung. Gerade in diesem Augenblick kamen Mel-
	        
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