Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

190 Unmgestaltung des schleswig-holsteinischen Gemeinbesitzes. 1865 
dungen von allen Seiten, welche für die Annahme des Ver- 
trags den Ausschlag gaben. 
In einer Depesche vom 9. August meldete Graf Usedom, 
La Marmora habe ihm erklärt, daß über das Verhalten 
Italiens noch nichts fest stehe, und dic betreffenden Entschlüsse 
noch nicht berathen seien. Nach seiner (La Marmora's) An- 
sicht werde Italien eine gute Gelegenheit zur Eroberung 
Venctiens nicht unbenutzt lassen; ob nun die jetzige eine gute 
sei, würde von dem Inhalt eines mit Preußen ahzuschließen- 
den Vertrags abhängen; aber schwerlich könne Italien zu 
einem solchen schreiten, ohne vorher Napoleon darüber zu be- 
fragen; denn eine preußische Allianz könnte sehr wohl die 
Wirkung haben, Italien von Frankreich zu emancipiren, was 
dem Kaiser äußerst unwillkommen sein möchte. La Mar- 
mora, bemerkte Usedom, kommt von dem Verdachte nicht los, 
daß das Berliner Cabinet Italien nur als Schreckbild gegen 
OÖsterreich benutzen und dann nach Erlangung seiner Zwecke 
sich rasch mit Osterreich versöhnen würde. Sicher ist andrer- 
seits, daß Italien, sobald es Venctien genommen hat, sich 
zur Ruhe setzt; weiter ist auf seine Mitwirkung nicht zu 
rechnen. " 
Sodann berichtete Graf Goltz, bei fortdauernder Ab- 
wesenheit Napolcon's und Drouyn de Lhuys“, über ein langes 
Gespräch mit der Kaiserin Eugenie. Die hohe Dame hatte 
sehr vertraulich, ja herzlich geredet; Goltz war von ihrer 
anmuthigen Gunst entzückt, Bismarck aber von dem Inhalt 
ihrer Worte nicht in gleichem Grade befriedigt. Der Kaiser, 
hatte sie geäußert, werde sich in den Streit der beiden 
deutschen Mächte sicher nicht einmischen; unter der Voraus- 
setzung des Nationalitätsprincips und der Selbstbestimmung
	        
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