Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

194 Unmgestaltung des schleswig-holsteinischen Gemeinbesitzes. 1865 
preußisch geworden, sagte man in Schleswig. Wir werden 
nächstens wie Lauenburg verkauft werden, hieß es in Hol- 
stein. Der Erbprinz selbst war im Begriffe gewesen, auf 
Pfordten's Annahmen nach Berlin zu gehen, um die Groß- 
muth des Königs anzurufen, hatte es dann aber auf er- 
munternde Berichte seines Wiener Agenten Wydenbrugk unter- 
lassen, und sah jetzt die letzte Hoffnung schwinden. Daß 
ein Protest, welchen 31 holsteiner Ständemitglieder und 
Delegirte von 46 Ortschaften gegen die Gasteiner Überein- 
kunft dem Bundestage einsandten, wirkungslos bleiben würde, 
war jedermann im Voraus klar. Im außerpreußischen Deutsch- 
land flackerte noch einmal eine geräuschvolle Erregung auf; 
die Zeitungen grollten über Österreichs Schwäche, zürnten 
über Bismarck's Triumph, höhnten über die Ohnmacht des 
Bundestags. In mannigfaltigen Variationen wurde das 
Selbstbestimmungsrecht Schleswig-Holsteins gefeiert, welches 
durch die Gasteiner Contrahenten auf das Schmählichste mit 
FJüßen getreten werde. In der richtigen Erkenntniß, daß die 
Entscheidung der schleswig-holsteiner Frage sofort auch jene 
der deutschen Bundesreform in sich schließe, arbeitete die 
württemberger „Volkspartei“, von hessischen und bayerischen 
Gesinnungsgenossen beauftragt, ein Parteiprogramm für die 
künftige deutsche Verfassung aus, in wolchem die Sätze 
prangten: keine österreichische, keine preußische Spitze, Ver- 
einigung der reindeutschen Staaten unter einer demokratischen, 
die Regierungen beherrschenden Centralgewalt und Volksver- 
tretung, keine Einheit als auf der Grundlage der Freiheit. 
Eine andere Stellung nahm innerhalb dieser zürnenden Agi- 
tation der Ausschuß der 36 in Frankfurt, indem er uner- 
schütterlich an der Hoffnung festhielt, durch eine fortgesetzte
	        
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