Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

200 Unmgestaltung des schleswig-holsteinischen Gemeinbesitzes. 1865 
möge Italien sich nicht übereilen, sich nicht compromittiren. 
Vielleicht sei Osterreich selbst auf dem Wege zu einer Ver- 
ständigung mit Italien. Wenigstens habe in Paris Fürst 
Metternich etwas von einem Wunsche des Wiener Cabinets 
verlauten lassen, gewisse Handelsbeziehungen mit Italien zu 
regeln; damit einmal begonnen, könne die Sache vielleicht 
weiter gehen. 
Nachdem La Marmora zunächst die obige Mittheilung 
über Napoleon's Erlaubniß zum Kampfe telegraphisch erhalten, 
erklärte er am 15. August dem Grafen Usedom mit seltener 
Lebhaftigkeit, wenn Preußen wirklich einen „großen“ Krieg 
gegen Osterreich beginne, werde Italien in denselben eintreten; 
keine italienische Regierung habe die Möglichkeit, anders zu 
verfahren. Wie wir wissen, kam die tapfere Entschließung 
zu spät: wenige Tage nachher empfing er die Nachricht von 
dem Gasteiner Vertrag. Er zeigte darauf eine getheilte 
Stimmung, schrieb Graf Usedom; er schien den Aufschub des 
nationalen Kriegs zu beklagen, aber doch mit einer gewissen 
Befriedigung sich von der Last einer schweren Verantwortung 
befreit zu fühlen. Kein Gedanke kam hiebei diesem beschränkten 
und selbstbewußten Kopfe, ob nicht gerade sein Zaudern es ge- 
wesen, welches die Kriegslust Preußens gedämpft und den Ent- 
schluß zum Vertrage entschieden hätte. Im Gegentheil, er war 
jetzt doppelt durchdrungen von der Richtigkeit seines hinhaltenden 
Benehmens, von der Unmöglichkeit eines preußischen Kriegs 
gegen Osterreich!). Er dankte sich selbst und seiner Vorsicht, 
1) Usedom trat bald nachher den ihm bereits im Juli bewilligten 
und dann ausgeschobenen Urlaub an, und La Marmora war wieder 
scharfsinnig in seiner Weise, indem er in dieser Entfernung einen 
Ausdruck der Verlegenheit und der Scham über Preußens muthloses
	        
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