204 Bismarck in Biarritz. 1865
Vertrage gar nicht um das Definitivum, sondern um eine neue
Form des Provisoriums, nicht um Theilung der Souveränität,
sondern um Verbesserung der Verwaltung; Preußen habe
mit dem Wiener Cabinet vor Beseitigung der von Halbhuber
beschützten Mißbräuche über die Zukunft der Herzogthümer
nicht weiter verhandeln können; der Vertrag habe eben die
Abstellung jener Mißbräuche zum Zweck; somit könne und
werde die Verhandlung über das definitive Schicksal jetzt erst
wieder beginnen. Der Minister freute sich, dies zu ver-
nehmen, gestand aber, es habe seine Regierung befremdet,
von einer Verhandlung zwischen Preußen und Osterreich zu
hören, ohne von Preußen eine Mittheilung darüber zu er-
halten. Ubrigens redete er in schmeichlerischeren Tönen als
jemals früher, und versicherte Frankreichs wohlwollende Neu-
tralität bei der preußischen Annexion der Herzogthümer, wenn
nur Preußen den Dänen in Nordschleswig einige billige Rück-
sicht schenken wolle. Dann aber sondirte er noch etwas weiter.
Bei größerer Ausdehnung des Kriegs und der Kriegszwecke
könne natürlich Frankreich nicht ohne volle Gegenleistung auf
die Freiheit seiner Action verzichten. Es sei auch bekannt,
daß der Kaiser mehr zu Preußen als zu Osterreich neige.
Denn Osterreich könne dem französischen Interesse ja nichts
bieten; mit Preußen dagegen sei in dieser Bezichung eine
Verständigung sehr wohl denkbar. Es gebe Nachbarländer,
welche den Gegenstand von Combinationen bilden könnten,
ohne irgend eine Beeinträchtigung der beiden Contrahenten.
Goltz entgegnete: kein preußischer König kann preußisches
Land wegschenken; andere Combinationen sind denkbar, aber
vor dem geeigneten Zeitpunkte nicht auszusprechen. Das ist
sehr wahr, sehloß der Minister das Gespräch.