208 Bismarck in Biarritz. 1865
gorisch abgelehnt. Welche Haltung, fragte er, nimmt Ruß-
land zu der Sache? Goltz konnte keine Auskunft darüber
geben, vermuthete aber freundliche Neutralität. England,
äußerte darauf Napoleon, will mit dem ganzen Handel nichts
mehr zu schaffen haben. Was aber Osterreich betrifft, so
scheint der Vertrag die bittere Erinnerung an die voraus-
gegangenen Streitigkeiten keineswegs ausgelöscht zu haben;
dort fühlt alle Welt sich gedemüthigt, die öffentliche Meinung,
die Minister, der Kaiser Franz Joseph selbst. (Goltz zog
hieraus den angenehmen Schluß, daß es nicht die Herstellung
des friedlichen Einvernehmens zwischen Osterreich und Preußen
sei, welche Napoleon's Arger über Gastein bewirke.)
Nach Tische beehrte Napoleon den Botschafter mit einer
nochmaligen Ansprache, bei welcher er seiner Bewunderung
für die preußische Armee und deren Officiercorps Ausdruck
gab, und den militärischen Geist des preußischen Volkes
lobend anerkannte, der in Friedenszeiten stärker als in Frank-
reich sei. Dann forderte er ihn zu einem Gange in den
Garten, wieder einer großen Auszeichnung, auf, und sagte
ihm hier: schreiben Sie dem Grafen Bismarck, bei einem
Kriege zwischen Preußen und Osterreich würde ich wohl-
wollende Neutralität beobachtet haben, aber ich sei überrascht,
sehr überrascht durch das, was geschehen ist. Goltz wagte die
Außerung: wenn die Krisis sich erneuern sollte, dürfen wir doch
auf dieselbe wohlwollende Gesinnung hoffen. Gewiß, antwortete
der Kaiser. Aber ich beklage, daß Preußen mehr und mehr
von seinem überlieferten Berufe zurücktritt, sich an die Spitze
der nationalen Bewegung in Deutschland zu setzen; wenn der
König ein liberales und nationales Programm aufstellt, wozu
er keines Kriegs bedarf, so werden alle liberalen Elemente