Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

14 Der italienische Septembervertrag. 1864 
vom 27. März 1861 ausdrücklich aufzuheben, worauf Nigra 
sehr bestimmt entgegnete, daß für den König die Beseitigung 
eines vom Parlamente gefaßten und von der Nation mit 
Begeisterung aufgenommenen Beschlusses eine Unmöglichkeit 
sei. Überdies, was besorge man denn noch? Italien ver— 
pflichte sich durch den Vertrag, für die Erlangung Roms 
keine gewaltsamen Mittel anzuwenden oder zuzulassen; niemand 
aber könne ihm verbieten, sich zu nationalen Wünschen zu 
bekennen und deren Erfüllung von dem Fortschritt der Moral 
und der Civilisation zu erhoffen. Drouyn de Lhuys ver- 
mochte nicht viel dagegen einzuwenden, so wenig er auch 
der Moral der Sache in diesem Falle traute. Um so un- 
erbittlicher zeigte er sich bei einem letzten Punkte. Nach Cavour's 
Entwurf hätte der Abmarsch der französischen Truppen 
vierzehn Tage nach der Ratification des Vertrags erfolgen 
sollen. Jetzt aber erklärte Drouyn de Lhuys, daß eine so 
kurze Frist nicht genüge. Die Räumung könne nicht rascher 
vor sich gehen, als der Papst sein neues Heer zu organi- 
siren vermöge; dazu müsse man ihm billiger Weise zwei 
Jahre gestatten. Wie sehr auch Nigra sich dagegen bemühte, 
es blieb bei diesem Termin; er sandte jetzt die Frage nach 
Turin, ob er unter den angegebenen Bedingungen und Formen 
zeichnen sollte. 
In dieser letzten Stunde machte Victor Emanuel noch 
einen Versuch, um leichtere Bedingungen zu erlangen. Präfect 
der neapolitanischen Provinzen war damals General La 
Marmora, früher Cavour's vertrauter College, nach dieser 
Schule ein entschiedener Anhänger der französischen Allianz 
und auch Waffengenosse der Franzosen im Krimkrieg, ein 
strammer Soldat,. sonst von engem geistigem Gesichtskreis, in
	        
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