1865 Bismarck und Drouyn de Lhuys. 215
Ew. Majestät von mir gemeldeten Außerungen des Geschäfts-
trägers Lefebvre geschehen war). Jede Begehrlichkeit nach
preußischen oder deutschen Landestheilen stellte er auf das
Bestimmteste in Abrede. Ich erwiderte ihm, daß wir der
Geschichte der Zukunft ihren Lauf nicht vorzeichnen und sie
nicht nach Willkür erfinden, sondern nur ihre Entwicklung
abwarten und benutzen könnten; wir unsererseits hofften
und wünschten, daß dies in einer Weise geschehen würde,
vermöge deren die natürlichen guten Beziehungen zwischen
Preußen und Frankreich erhalten und gefördert werden
könnten.
„Trotz der geflissentlichen, ich möchte sagen: übertriebenen
Freundlichkeit, mit welcher der Minister den üblen Eindruck
seiner Depesche zu verwischen suchte, habe ich doch keine volle
Überzeugung von der Aufrichtigkeit seines Wohlwollens für
uns gewonnen, sondern halte die Kundgebungen des letztern
nur für den Ausfluß bestimmter kaiserlicher Befehle).
„Am Tage nach meiner Ankunft in Biarritz wurde ich
vom Kaiser in besonderer Audienz empfangen . . . Es war
1) Lefebvre hatte auf verschiedene Territorien französischer Zunge
hingedeutet.
Der Herzog von Gramont hat später insinnirt, bei jenen Gesprächen
habe nicht Lefebvre, sondern Bismarck die erwähnten Vorschläge gemacht.
Der weitere Verlauf erspart uns die Mühe des Gegenbeweises.
*!) Goltz berichtet am 23. October aus Paris, Drouyn de Lhuys
lasse durch vertraute Personen verbreiten, daß Bismarck ihm die Noth-
wendigkeit großer Gebietserweiterung für Preußen vorgestellt und ihm
Compensationen angeboten, er aber, Drouyn, Alles abgelehnt habe. Goltz
meinte, daß Drouyn de Lhuys diese falsche Darstellung zu Nutz und
Frommen der österreichischen Botschaft erfunden habe, um diese gegen
Preußen aufzuhetzen. Bei den Diplomaten in Paris rede er viel correcter,
rühme Bismarck's Liebenswürdigkeit und klage nur, daß derselbe so zu-
geknöpft gewesen.