Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

222 Bismarck in Biarrig. 1865 
Beziehungen zu verständigen, es nicht nöthig sei, die Ent- 
wicklung der Lage zu überstürzen, sondern daß man dieselbe 
abwarten müsse, um die Entschließungen ihr anzupassen. 
(Bismarck bemerkt hierüber: diese Zurückhaltung des Kaisers 
entsprach nicht nur meinen Wünschen, sondern war von mir 
selbst durch die Art meines Auftretens indicirt und veranlaßt, 
nach dem Willen des Königs, zur Zeit keine Verpflichtungen 
gegen Frankreich zu übernehmen.) Napoleon fügte dann die 
Aufforderung hinzu, der König möge ihm vertraulich schreiben, 
sobald ihm die Umstände ein engeres und specielleres Einver- 
nehmen der beiden Regierungen zu erfordern schienen; es werde 
dann leicht sein, zu einem Verständniß zu gelangen. Dagegen 
erklärte er ohne eine Anregung von Seiten Bismarck's, daß 
ein Bündniß mit Osterreich im Falle eines Conflicts in 
Deutschland für ihn eine Unmöglichkeit sei. Einen Versuch 
in dieser Richtung, welchen Fürst Metternich bei ihm vor 
Gastein gemacht, habe er abgelehnt. 
Diese letzte Außerung, sowie die Mittheilungen Napoleon's 
an Goltz vom 28. August, zeigten, mit welchem Widerstreben 
Osterreich an den Gasteiner Vertrag herangetreten, und welche 
Wechselfälle bei der Ausführung desselben denkbar waren. 
Bismarck deutete demnach bei einem Gespräche mit Nigra 
diesem die Möglichkeit weiterer Verwicklungen in Deutschland 
und die Wichtigkeit eines festen Einvernehmens zwischen Preußen 
und Italien für solche Fälle an. Er bat den Gesandten, seine 
Regierung zunächst zur Wiederaufnahme der Verhandlungen 
über den deutsch-italienischen Handelsvertrag zu bestimmen: 
wenn Sie dem Zollverein die Rechte der meistbegünstigten 
Nationen zugestehen, so werden Sie einen hochpolitischen, für 
alle Zukunft vortheilhaften Act vollziehen.
	        
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