Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1865 Italienische Vorschläge in Wien. 249 
um seine Vorschläge bei einflußreichen Personen der Mini- 
sterien, der Handelswelt, der Presse, zur Geltung zu bringen. 
Er erfuhr Zustimmung auf verschiedenen Seiten. Viele Poli- 
tiker hatten längst die Ansicht, daß Venetien, zumal bei 
Preußens bedenklichem Verhalten, auf die Dauer nicht zu 
behaupten, und also ein so vortheilhaftes Abkommen, wie es 
Malaguzzi bot, nicht zu verachten sei. Die industriellen 
Kreise jubelten bei der Aussicht auf einen freien Handels- 
verkehr mit Italien, und in den Wiener Zeitungen machte 
plötzlich die bisherige feindliche Haltung gegen Italien einem 
freundlich anerkennenden Tone Platz. Vor Allem dem Finanz- 
minister gab der italienische Antrag zu denken, da das Deficit 
mit jedem Monat schlimmere Ausdehnung gewann, für die 
Deckung der laufenden Ausgaben ein großes Anlehen noth- 
wendig war, und bei dem erschütterten Credit des Reiches 
die Aufnahme desselben große Schwierigkeiten zeigte. Die 
Vorstellung eines plötzlichen Zuschusses von 400 Millionen 
erweckte unter solchen Umständen ein höchst erquickliches Gefühl. 
Aber auch an Widerspruch fehlte es nicht. Der hohe 
Klerus sträubte sich gegen die Anerkennung des vom Bann- 
fluch getroffenen Königs. Die Officiere liebten die italienischen 
Garnisonen; die Generale brausten auf gegen den Vorschlag, 
die kostbare Provinz einem so oft geschlagenen, gründlich ver- 
achteteten Widersacher in den Schoß zu werfen, und das per- 
sönliche Gefühl des Kaisers war hier ganz auf ihrer Seite. 
Indessen blieb die Regierung eine geraume Weile hindurch 
unentschlossen. Wenn die gesuchte Anleihe nicht zu Stande 
kam, wer weiß, wozu die pressende Finanznoth gedrängt hätte? 
Der Agent des Grafen Larisch, Sectionschef im Finanz- 
ministerium, Herr von Becke, war zur Zeit in Paris mit
	        
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