18 Der italienische Septembervertrag. 1864
hetzte nach Kräften, in der Hoffnung, an dieser Klippe vielleicht
noch den ganzen Vertrag scheitern zu machen. Es kam in
Turin drei Tage lang unter der Führung junger Edelleute
zu Straßentumulten, bei welchen die Behörden sich in un—
glaublichem Maaße zuerst kopflos und dann brutal benahmen,
und schließlich eine Menge Todter auf dem Platze blieb.
Hier griff aber der König mit der ihm eigenthümlichen leb—
haften Schnelligkeit durch. Das Ministerium Minghetti hatte
niemals bei ihm ihn Gnaden gestanden; durch die Ver—
legung der Residenz war es ihm vollends widerwärtig ge-
worden: jetzt gab er ihm plötzlich den Abschied, und berief
die Führer der piemontesischen Partei unter La Marmora's
Präsidium in das Amt. Diese Maaßregel wirkte günstig auf
die Stimmung in Turin; daß an der Vollziehung des Sep-
tembervertrags dadurch nichts geändert wurde, bedarf nicht
erst der Bemerkung. La Marmorga trat für denselben, also
zunächst für die Verlegung des Regierungssitzes nach Florenz,
ebenso entschieden wie sein Vorgänger ein, obwohl ihm die
in Paris gemachten Andeutungen über eine baldige Erwerbung
Venedigs einstweilen noch sehr unsicher erschienen. Er hielt
es für wenig wahrscheinlich, daß Preußen sich jemals zu
einem Kriege mit Osterreich aufraffen würde, dasselbe Preußen,
welches einst den Grasen Cavour wegen seiner Annexionen
so hart angelassen, die Depesche vom 10. September so
nachdrücklich getadelt, und eben erst die begonnene Unter-
handlung über einen Handelsvertrag mit Italien in das Un-
bestimmte vertagt hatte. Indessen, um so mehr galt es, die
Freundschaft Napoleon's nicht auf das Neue zu verscherzen,
und demnach den Septembervertrag rückhaltlos durchzuführen.
Denn in der That, mochte nun in der Zukunft die