1865 Augustenburger Demonstrationen. 257
halte aber die Erledigung hin, weil es noch weitere Pläne
habe und die volle Herrschaft in Deutschland auf Kosten
Osterreichs anstrebe. Deshalb wahre Ssterreich seine Stellung
in Holstein, und lasse das Augustenburgerthum bestehen, um
es nach Umständen verwerthen, und den Erbprinzen als
Herzog anerkennen zu können. Die schleswig-holsteinische
Frage könne friedlich nur dann gelöst werden, wenn Preußen
sich mit Osterreich in einer großen gemeinsamen Politik ver-
einige, und dem Wiener Hofe für eine auch diesem ersprieß-
liche Entwicklung der deutschen Verhältnisse Gewähr leiste.
In Wien sei die Stimmung gegen Preußen gereizter als vor
Gastein; man fürchte einen Krieg nicht mehr, wo es sich um
Behauptung der deutschen Stellung des Reiches handle; auch
der Kaiser sei nicht mehr wie früher für eine Erhaltung des
Friedens um jeden Preis.
Als dann Manteuffel nach der Reise der Erbprinzessin
schriftliche Beschwerde bei Gablenz erhob, daß das Besitzrecht
des Königs verletzt sei, wenn einem Dritten Attribute der
Souvecränität beigelegt würden; als er an die Thatsache er-
innerte, daß Gablenz durch die zweimal dem Erbprinzen er-
theilte Verwarnung dieses Rechtsverhältniß anerkannt habe;
als er hieran die Frage knüpfte, was Gablenz nach jener
neuen Auflehnung bei der Reise der Erbprinzessin zu thun
gedenke: da empfing er umgehend anstatt der gehofften Aus-
kunft die Antwort, Gablenz habe bereits Herrn von Hofmann
nach Wien geschickt, um Instructionen einzuholen, ob es ihm
erlaubt sei, über holsteinische Verwaltungs-Maaßregeln der
preußischen Regierung Auskunft zu ertheilen. Manteuffel
berichtete hierauf an Bismarck, nach diesem Verhalten scheine
es ihm unerläßlich, bei dem kaiserlichen Cabinet auf ent-
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. IV. 17