1864 Ministerium La Marmora. 19
römische Frage in der einen oder der andern Weise gelöst
werden, unter allen Umständen brachte für jetzt der Vertrag
für Italien den unberechenbaren Gewinn der Entfernung der
fremden Streitmacht von dem Boden der Halbinsel, innerhalb
einer fest bestimmten Zeit. Er brachte ihm weiter die Her-
stellung des herzlichen Einvernehmens mit dem Kaiser Napoleon,
und damit auch die Aussicht auf Frankreichs diplomatische
Unterstützung in der venetianischen Frage, sobald sich in
Europa entweder günstige Verhältnisse für Italien oder sonstige
Verlegenheiten für Österreich zeigten. Auf das Lebhafteste
wurde dies Alles an den zunächst betroffenen Stellen, in
Rom und in Wien, empfunden. Bei der Curie brachte die
erste Nachricht von dem Vertrage einen Sturm der Entrüstung
hervor. Ganz wie bei den Ereignissen von 1860 richtete
sich der Zorn in erster Linie gegen Napoleon, in einem solchen
Grade, daß man sogar eine, allerdings nicht amtliche, An-
näherung an Italien versuchte. Victor Emanuel konnte bald
nachher dem preußischen Gesandten im Vertrauen mittheilen,
er hoffe, die römische Frage lange vor dem Ablauf der zwei
Jahre geregelt zu sehen; er könne sie heute zum Abschluß
bringen, wenn nicht eine der päpstlichen Forderungen bei dem
jetzigen Stande der öffentlichen Meinung unerfüllbar wärc.
Man habe ihm, ergänzte er ctwas später diese Angaben, von
Rom aus die Anerkennung des Königreichs und die Abtretung
der annectirten Provinzen angeboten, wenn er gewisse Con-
cessionen auf dem kirchlichen Gebicte mache, und ausdrücklich
auf die Einverleibung Roms verzichte. Er sei, sagte er, von
Herzen bereit, alle kirchlichen Wünsche des Papstes zu erfüllen:
in der That war er ebenso energisch und muthig zu jedem
Waffenkampf, wie bedenklich und schwach in kirchlichen Con-
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