Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Peremptor. Frage an Österreich über d. Fortdauer d. Allianz. 269 
auf ausdrücklichen Befehl Sr. Majestät, daß ich Sie auf- 
fordere, dies offen dem Grafen Mensdorff auszusprechen, und 
ihn zu ersuchen, es zur Kenntniß seines kaiserlichen Herrn zu 
bringen. Die Regierung Sr. Majestät bittet das kaiserliche 
Cabinet im Namen der beiderseitigen Interessen, den Schädi- 
gungen, welche das monarchische Princip, der Sinn für öffent- 
liche Ordnung und die Einigkeit beider Mächte durch das 
jetzt in Holstein gehandhabte System leiden, ein Ziel zu 
setzen Eine verneinende oder ausweichende Antwort auf 
unsere Bitte würde uns die Überzeugung geben, daß die 
kaiserliche Regierung nicht den Willen habe, auf die Dauer 
gemeinsame Wege mit uns zu gehen, sondern daß die 
Preußen abgeneigten Tendenzen, daß ein, wie wir hofften, 
überwundener traditioneller Antagonismus gegen Preußen 
in ihr mächtiger ist, als das Gefühl der Zusammengehörigkeit 
und der gemeinschaftlichen Interessen. Es würde dies für 
die Kgl. Regierung, es würde vor Allem für Se. Majestät 
den König selbst eine schmerzliche Enttäuschung sein, welche 
wir wünschen und hoffen, uns erspart zu sehen. Aber es ist 
ein unabweisbares Bedürfniß für uns, Klarheit in unsere 
Verhältnisse zu bringen. Wir müssen, wenn die von uns 
aufrichtig angestrebte intime Gemeinsamkeit der Gesammtpolitik 
beider Mächte sich nicht verwirklichen läßt, für unsere ganze 
Politik volle Freiheit gewinnen, und von derselben den 
Gebrauch machen, welchen wir den Interessen Preußens ent- 
sprechend halten. 
Kein Punkt in dem Inhalt dieser Depesche war dem 
Wiener Hofe unbekannt; mehr als einmal hatte Mensdorff 
mit Werther, oder Gablenz mit Manteuffel in vertraulichem 
Gespräche die beiderseitigen Auffassungen erörtert. Neu aber
	        
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